Genf: Herz im Kampf gegen Vogelgrippe
An einer dreitägigen Konferenz über die Vogelgrippe debattieren Experten in Genf über Strategien im Kampf gegen die Ausbreitung des H5N1-Virus.
Gaudenz Silberschmidt, Leiter der internationalen Abteilung im Bundesamt für Gesundheit (BAG), sagt gegenüber swissinfo, weshalb die Tagung, die am Montag begonnen hat, so wichtig ist.
Die Genfer Konferenz ist die jüngste einer Reihe von Tagungen und Treffen, an welchen Fachleute aus der ganzen Welt über Strategien gegen die Gefahr des H5N1-Virus debattieren. Sie findet im Hauptsitz der Weltgesundheits-Organisation (WHO) statt und dauert von Montag bis Mittwoch.
Für die Einschätzung der globalen Situation haben die Tagungs-Teilnehmer die neuesten Informationen gesammelt, die über die Vogelgrippe vorliegen. Bisher sind in Asien mindestens 60 Menschen am Vogelgrippe-Virus gestorben.
Die Schweizer Delegation in Genf wird von Gaudenz Silberschmidt angeführt. Im Gespräch mit swissinfo erläutert er die Rolle der Schweiz und des Pharma-Herstellers Roche, welcher das antivirale Medikament Tamiflu produziert.
swissinfo: Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich von Genf?
Gaudenz Silberschmidt: Die Tagung markiert einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der globalen Strategie. Alle stimmen überein, dass die Vogelgrippe-Krise und eine mögliche Pandemie für die Menschen nur mit vereinten multilateralen Kräften bekämpft werden können.
swissinfo: Bisher haben sich nur in Asien Menschen mit dem H5N1-Virus angesteckt. Konzentriert sich die Schweiz dennoch nur auf Massnahmen im eigenen Land?
G.S.: Wir sind mit drei Problemkreisen konfrontiert, die aber alle zusammenhängen. Erstens: Die Vogelgrippe, die jetzt aus Asien in Rumänien und in der Türkei angekommen ist und sich weiter ausbreiten kann.
Weil wir vor der Saison mit der «klassischen» Grippe stehen, besteht das Risiko einer möglichen Pandemie für Menschen. In der Schweiz haben Impfungen für Risikopersonen gegen die saisonale Grippe stattgefunden. Wir haben aber auch Massnahmen gegen die Ausbreitung der Vogelgrippe ergriffen und bereiten weitere Massnahmen für den Fall einer Pandemie vor.
Die zweitbeste Möglichkeit ist die sofortige Eindämmung des Brandes dort, wo es brennt, damit er sich nicht weiter ausbreitet. Dazu hat Roche der WHO drei Millionen Dosen Tamiflu zur Verfügung gestellt. Sollte die zweite Massnahme fehlschlagen, müssen wir in jedem Land auf eine Pandemie gefasst sein.
swissinfo: Laut UNO kostet der Kampf gegen die Vogelgrippe in Asien 100 Mio. Dollar. Wird sich die Schweiz daran beteiligen?
G.S.: Die Schweizer Regierung sprach bereits im September knapp fünf Millionen Franken für die Bekämpfung der Vogelgrippe in Asien, was ein namhafter Beitrag ist. Wir wollen keine Versprechen abgeben, die wir dann nicht halten.
swissinfo: Es braucht mehr Mittel für die Entwicklung einer Impfung gegen die Vogelgrippe, lautete jüngst das Fazit einer Konferenz in Kanada. Teilt die Schweiz diese Sicht?
G.S.: Wir haben Unternehmen gebeten, Kostenvorschläge für 100’000 Dosen Impfstoff gegen das H5N1-Virus zu machen, wenn sie denn einmal einen solchen entwickelt haben.
swissinfo: Roche gerät unter grossen Druck, das Patent auf dem Impfstoff Tamiflu zu lüften. Wurde auch die Schweizer Regierung eingeschaltet?
G.S.: Ich muss herausstreichen, dass wir in der Schweiz eine klare Trennung zwischen Regierung und Unternehmen haben. Trotzdem haben wir natürlich einen sehr intensiven Kontakt zu Roche.
Roche hat bereits zugesichert, dass sie allen Unternehmen, die Tamiflu herstellen können, Lizenzen ausstellen würden. In Ottawa haben wir deshalb Regierungen und Unternehmen gebeten, sich direkt mit Roche in Verbindung zu setzen.
swissinfo-Interview: Adam Beaumont
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)
Ziele der Konferenz: Eindämmung der Vogelgrippe unter den Tieren und Prävention einer Pandemie.
Sie wird von der WHO, der Organisation für Ernährung und Landwirtschaft, der Weltorganisation für Tiergesundheit sowie der Weltbank organisiert.
Das Virus hat in Asien seit Ende 2003 mindestens 122 Menschen befallen, mindestens 62 sind daran gestorben.
Man nimmt an, dass sich Menschen via infiziertem Vogelkot anstecken.
Eine Impfung gegen Vogelgrippe gibt es noch nicht. Antivirale Medikamente wie Tamiflu sind bisher die einzige Prävention.
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