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H5N1 vor den Toren der Schweiz

Die Schweizer Behörden sind der Ansicht, gegen eine Epidemie gewappnet zu sein. Keystone

Die Schweiz verstärkt ihre Bemühungen, um eine Vogelgrippe-Epidemie zu verhindern. Das Virus hat mittlerweilen die Nachbarländer der Schweiz erreicht.

Seit Montag gilt die Stallpflicht für Hausgeflügel. Eine vorsorgliche Massnahme vor der Rückkehr der Zugvögel aus Afrika.

Die Vogelgrippe hat alle grossen Nachbarländer der Schweiz erreicht. Nach Italien, Österreich und Deutschland meldete am Wochenende auch Frankreich den ersten Fall eines mit dem H5N1-Virus infizierten Tieres.

Das auch für Menschen lebensbedrohliche Virus wurde in einer Wildente nachgewiesen, die letzten Montag im östlichen Département Ain tot aufgefunden worden war.

Die Schweiz wurde bislang von der Vogelgrippe verschont. Doch gemäss Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) ist jederzeit damit zu rechnen, dass auch hierzulande Wildvögel mit dem Virus entdeckt werden. Deshalb herrscht seit Montag in der Schweiz Stallzwang für Hausgeflügel – auf unbestimmte Zeit.

Teurer Umbau der Ställe

Weit über 30’000 Geflügelhalter mit rund 8’000’000 Tieren sind von der Stallpflicht betroffen. Es dürfte nicht das letzte Mal sein, dass wegen der Vogelgrippe den Schweizer Hühnern, Enten und Gänsen der Ausgang gestrichen wird.

Denn mittelfristig können die Geflügelhalter ihre Tiere während der Stallpflicht nicht in Provisorien unterbringen. Es muss eine Infrastruktur geschaffen werden, um die Tiere im Frühjahr und Herbst einzusperren.

Überdachte, wildvogelsichere Gehege sind mit Kosten verbunden. Laut Bauernverbands-Präsident Hansjörg Walter dienen die Schutzmassnahmen vor allem der Sicherheit der Konsumenten. Da diese unbedenkliche Lebensmittel wollen, müssten sie für die höheren Kosten aufkommen.

Damit sind die Konsumentenschützer nicht einverstanden: Man könne nicht alle Kosten auf die Konsumenten abschieben, die Geflügelproduzenten hätten selber dafür aufzukommen.

Keine Impfung in der Schweiz

In der Schweiz wird das Geflügel vorerst nicht gegen die Vogelgrippe geimpft. Laut Christian Griot, Chef des Instituts für Viruskrankheiten und Immunprophylaxe (IVI), wäre für Europa die Impfung der Geflügelbestände keine gute Politik.

“Es gilt in Europa, das Virus H5N1 zu lokalisieren und dann möglichst zu elimieren”, sagt Griot gegenüber swissinfo. Denn in Europa sei das Virus vorderhand nicht endemisch, das heisst verbreitet.

“In Asien hingegen, wo das Virus bereits weit verbreitet und kaum noch wegzubringen ist, mag die Strategie der Impfung mehr Sinn machen.”

Je nach Entwicklung wollen die Bundesbehörden die Lage aber neu beurteilen. Dies wäre etwa der Fall, wenn sich die Krankheit in den Schweizer Geflügelbeständen flächendeckend ausbreiten würde.

Mit dem Virus leben lernen

Auch über die die Stallpflicht könne man nicht ewig verfügen, meint Griot. “Wir werden wohl lernen müssen, mit diesem Virus zu leben.” Über die längerfristig beste Strategie werde gegenwärtig noch diskutiert.

Das BVET betont allerdings auch, dass es zurzeit noch keinen potenten Impfstoff gegen das auch für Menschen gefährliche Virus H5N1 gebe.

Ausnahmen für Zoos

Die Wasser- und Laufvögel in den Zoologischen Gärten in Zürich, Basel, Bern und Goldau müssen nicht in den Stall. Die Kantonstierärzte haben ihnen die Ausnahmebewilligung unter strengen Auflagen erteilt.

Jene Vögel, die sich im Freien aufhalten dürfen, werden überwacht und
regelmässig auf das Vogelgrippe-Virus getestet.

Warnung vor Hysterie

Der Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren und -direktorinnen (GDK), der Luzerner Regierungsrat Markus Dürr, warnte inzwischen vor einer Hysterie. Man nehme das Problem ernst und sei auf Seuchen vorbereitet, sagte er.

In der Schweiz sind bisher keine toten Tiere mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 registriert worden. Die Analysen des Referenzlabors in Zürich von zehn seit Mitte letzter Woche tot aufgefundenen Wildvögeln verliefen allesamt negativ.

Es handelte sich um sechs Schwäne, zwei Blesshühner, eine Möwe und einen Graureiher. In der Schweiz sterben jedes Jahr rund 600 Schwäne eines natürlichen Todes.

Auch die Europäische Union diskutiert zur Zeit über weitere Schritte zur Eindämmung der Krankheit.

swissinfo und Agenturen

Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist seit Jahrzehnten bekannt. Die erste Übertragung des Virus auf einen Menschen wurde 1997 in Hongkong registriert.

In den Jahren darauf breitet sich das Virus auf rund ein Dutzend weitere Staaten in Asien aus.

2005 tauchte das Virus in der Türkei, in Rumänien und Kroatien auf.

Anfang Februar wurde das Virus erstmals auch aus Afrika gemeldet.

In den letzten Tagen wurde das Virus schliesslich auch in toten Vögeln in sechs europäischen Ländern nachgewiesen, darunter in Frankreich, Italien, Deutschland und Österreich.

Bisher haben sich weltweit rund 170 Personen mit dem Virus angesteckt, mehr als 90 davon sind daran gestorben.

30’000 Geflügelzüchter halten in der Schweiz rund 8 Mio. Hühner, Gänse und Enten.
Die erneute Stallpflicht gilt ab 20. Februar und wird frühstens im Mai aufgehoben.
Die 1. Stallpflicht dauerte vom 25. Oktober bis 15. Dezember 2005.

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