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IKRK: Menschenrechte haben ihren Preis

Intern Vertriebene warten in einem Lager in Darfur auf die Ausgabe von Trinkwasser. Keystone

Das in Genf beheimatete Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) benötigt für seine humanitäre Arbeit im kommenden Jahr mehr als 970 Mio. Franken.

Dabei steht Afrika zuoberst auf der Prioritätenliste, wie IKRK-Präsident Jakob Kellenberger anlässlich eines Spendenaufruf an die Geberländer erklärte.

Mit dem Geld will das IKRK Menschen in rund 80 Ländern unterstützen, die unter bewaffneten Konflikten zu Leiden haben.

An einer Pressekonferenz unterstrich der Schweizer IKRK-Präsident Jakob Kellenberger das Engagement der Organisation für die Grundsätze der Unabhängigkeit und Neutralität. Diese Arbeitsweise gewähre weltweit den besten Zugang zu allen Hilfsbedürftigen.

Kampf gegen Verdrängung und Vergessen

Das Budget für Aktivitäten in Afrika nimmt gegenüber dem letzten Jahr um 83 Mio. Franken oder 27% auf gut 390 Mio. Franken zu.

Ausschlaggebend dafür ist vor allem die Krise in der westsudanesischen Region Darfur. Damit benötigt das IKRK fast die Hälfte seines Budgets für Afrika.

«Afrika droht immer ein wenig in Vergessenheit zu geraten», begründete Kellenberger gegenüber swissinfo die Schwerpunkt-Einsätze auf dem schwarzen Kontinent.

«Die humanitäre Krise im Sudan ist sehr gross und schlimm.» Bei der Hilfe stünden die Garantie der Sicherheit in ländlichen Gebieten und die Versorgung der Menschen mit Wasser, Nahrung und Medikamenten im Vordergrund.

70’000 Tote, 1,7 Mio. Vertriebene

Sudan avancierte zur grössten Hilfsoperation des IKRK mit einem Budget-Bedarf von 130 Mio. Franken. Nach UNO-Angaben sind in der Darfur-Region 2,3 Mio. Menschen dringend auf Hilfe angewiesen. Über ein Fünftel der Kinder unter fünf Jahren sind unterernährt, fast die Hälfte aller Familien hat zu wenig zu Essen.

Bei den Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und den Janjawid-Reitermilizen, die auf Seiten der Regierung stehen, kamen bisher schätzungsweise 70’000 Menschen ums Leben, 1,7 Mio. wurden zu Vertriebenen im eigenen Land.

Lichtblick im Süden Sudans?

Den Konflikt im Süden Sudans, der am längsten dauernde Bürgerkrieg auf dem afrikanischen Kontinent, hofft die internationale Gemeinschaft mit einem Abkommen noch vor dem 31. Dezember beenden zu können.

«Der Bedarf an humanitärer Hilfe in Sudan ist riesig», resümiert Kellenberger. Das IKRK sei die einzige Organisation, die zu praktisch allen Gebieten in Darfur Zutritt habe. «Das unterstreicht unsere wichtige Stellung als neutraler, unabhängiger und glaubwürdiger Akteur auf dem Gebiet der unparteiischen Hilfe.»

Aktiv in Irak trotz Teilrückzug

An zweiter und dritter Stelle stehen der Irak (48.9 Mio. Franken, 30% weniger als 2004) sowie Israel und die besetzten Palästinensergebiete (46,9 Mio.), gefolgt von Afghanistan (43,6 Mio.), Liberia (23,7 Mio.) und Russland (32,5 Mio.).

Aus Sicherheitsgründen musste das IKRK seine Aktivitäten im Irak einschränken. So arbeiten ausländische Mitarbeiter meist von der jordanischen Hauptstadt Amman aus.

Verantwortlich für den Teil-Abzug war auch der Anschlag auf das UNO-Hauptquartier in Bagdad vom 19. August 2003. Damals kamen Sergio Vieira de Mello, der UNO-Sonderbeauftragte für Irak, und 22 weitere Menschen ums Leben.

Wo Bürgerkriege wüten

Zu den zehn grössten Hilfsoperationen zählen weiter die Demokratische Republik Kongo (29,7 Mio.), Äthiopien (29 Mio.), Kolumbien (26 Mio.) und Somalia (23,5 Mio.).

Die Hilfsarbeit in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent umfasst mit 139,8 Mio. Franken 17% des IKRK-Gesamtbudgets. In Asien werden 135,4 Mio. Franken (16,5%) eingesetzt, für den Nahen Osten und Nordafrika 115 Mio. Franken (14%).

swissinfo und Agenturen

Das IKRK wurde 1863 vom Schweizer Henri Dunant als neutrale Agentur gegründet.
Es unterstützt Opfern von bewaffneten Konflikten mit humanitärer Hilfe. Dazu gehören unter anderem Gefangenen-Besuche und die Überwachung der Einhaltung der Genfer Konventionen.
Das IKRK ist Hüterin der Genfer Menschenrechts-Konventionen, welche das Recht in Kriegen und bei Besetzungen festschreiben.
Im Vordergrund steht der Schutz der Zivilbevölkerung.

Das IKRK verlangt von den Geberländern 27% mehr Geld für seine Hilfseinsätze in Afrika.

Schwergewicht 2005 ist der Sudan: Mit geplanten 130 Mio. Franken wird das bürgerkriegsgeschüttelte Land zur grössten Hilfs-Operationen in der Geschichte des IKRK.

Der gesamte IKRK-Bedarf beläuft sich auf knapp eine Milliarde Franken.

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