Kinderhandel gibt es auch in der Schweiz
Am ersten europäischen Tag gegen den Menschenhandel ruft die Schweizer Sektion des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF zum Kampf gegen Kinderhandel auf.
Ausserdem hat die Organisation einen Bericht zur Situation der Kinder in der Schweiz vorgestellt.
Weltweit werden jährlich etwa 1,2 Millionen Kinder Opfer von Kinderhandel. Und laut UNICEF ist es ein lukratives Geschäft: Der Handel mit Minderjährigen wirft mutmasslich einen jährlichen Gewinn von 8,4 Milliarden Schweizer Franken ab.
«Keine Region, kein Land ist davon verschont», sagte Marta Santos Pais, Direktorin des UNICEF Innocenti Research Centers in Florenz, Italien.
Auch die Schweiz sei betroffen, erklärte Elsbeth Müller, Generalsekretärin von UNICEF Schweiz. Sie sei sowohl Transit- wie auch Zielland. Mehrere Fälle seien belegt, vor allem aus Albanien, Kamerun und Brasilien.
Doch vollständige Zahlen gibt es derzeit nicht. Laut dem Bericht, an dem verschiedene Nichtregierungsorganisationen mitgearbeitet haben, beschränkt sich das Problem auf Einzelfälle.
Kinder sollen nicht kriminalisiert werden
«Eine nationale Studie hält fest, dass jährlich rund 3000 Personen in die Schweiz geschleust werden, unter ihnen auch Kinder», sagt Elsbeth Müller gegenüber swissinfo.
«Für betroffene Kinder ist es wichtig, dass sie nicht kriminalisiert werden, sondern jede mögliche Unterstützung erhalten, sowohl Beratung als auch eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz», ergänzt Müller. Dies würde die Kinder ermuntern, zur Polizei zu gehen.
In den meisten Fällen wurden gemäss dem am Donnerstag präsentierten Bericht die Kinder in die Schweiz gebracht, um in privaten Haushalten oder in der Prostitution ausgebeutet zu werden oder um Delikte zu begehen.
Einige sind überhaupt nirgends erfasst. «Ihr Mangel an Schutz kann von den Händlern mit Absicht ausgenutzt werden», vermutet UNICEF. Grundsätzlich hat die Schweiz einen grossen Teil der internationalen Texte zum Kinderhandel ratifiziert, darunter die Konvention für Kinderrechte. Diese ist in der Schweiz seit 1997 in Kraft.
Nationaler Aktionsplan gefordert
Die juristischen Instrumente «sind gut», anerkennt Müller. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten hat zudem eine Arbeitsgruppe geschaffen. Doch die Anstrengungen müssen noch verstärkt werden.
UNICEF Schweiz empfiehlt einen nationalen Aktionsplan, um die Konvention umzusetzen und die Situation der Kinder konkret zu verbessern. Das würde auch erlauben, die Daten besser zu sammeln. Dies ist laut Müller «eines der Hauptprobleme».
swissinfo und Agenturen
Das UN-Palermo-Protokoll beschreibt den Menschenhandel als Rekrutierung, Beförderung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen auf betrügerische Weise, mit dem Ziel der Ausbeutung.
Diese wird als Prostitution oder andere Form der sexuellen Ausbeutung definiert, als Zwangsarbeit, Sklaverei oder Organentnahme.
Das Protokoll definiert Kinderhandel als Rekrutierung, Beförderung, Beherbergung oder Aufnahme eines Kindes zum Zweck der Ausbeutung, auch wenn keine betrügerischen Mittel oder Gewalt angewendet werden. Als Kind gilt eine Person unter 18 Jahren.
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