Korruption: Schweiz verbessert ihren Rang
Im weltweiten Korruptionsindex ist die Schweiz vom 12. auf den 8. Rang vorgerückt.
Laut Transparency International, die den Index seit 1995 publiziert, gibt es dennoch Potenzial für Verbesserung.
Im weltweiten Korruptionsvergleich hat sich die Schweiz laut Transparency International (TI) im Vergleich zum Vorjahr vom 12. auf den 8. Platz verbessert. Die gemäss dem «Corruption Perceptions Index» (CPI) vorgenommene Platzierung basiert auf der Wahrnehmung, auf Umfragen und einer Basis von 133 Ländern.
Die Schweiz teilt sich den 8. Rang mit Norwegen und Australien.
Reine Weste mit 10 Punkten
«Der Unterschied zwischen diesem und letztem Jahr ist nur marginal. Die Situation hat sich nicht verschlechter, doch wir sind etwa am gleichen Punkt geblieben», sagt Philippe Lévy, Präsident von Transparency Switzerland (T-CH) gegenüber swissinfo. Die bessere Rangierung könne statistische Ursachen haben und basiere nicht unbedingt auf einer tatsächlichen Verbesserung der Wahrnehmung, so die Organisation weiter.
Massgebend sei weniger der Rang als die Punktzahl. Diese habe sich jedoch in der Schweiz nur minim von 8,5 auf 8,8 Punkte verbessert.
Erst 10 Punkte auf der Wahrnehmungsskala bedeuten eine absolut reine Weste in Sachen Korruption, Bestechung und Machtmissbrauch.
Die Schweiz wird im internationalen Communiqué von TI denn auch nicht unter den Ländern erwähnt, deren Position sich verbessert hat – ganz im Gegensatz zu den Nachbarländern Deutschland (7,7 Punkte auf Rang 16) und Österreich (8,0 Punkte auf Rang 14).
Deutliches Signal für Nulltoleranz verlangt
Was kann die Schweiz unternehmen, um ihre Punktezahl weiter zu verbessern? T-CH appelliert an die Regierung, ein Kompetenzzentrum zur Korruptionsbekämpfung in der Bundesverwaltung zu veranlassen.
«In der Bundesverwaltung befassen sich mehrere Ämter mit solchen Fragen. Aber es fehlt eine Stelle, die die Koordination sicherstellt», sagte Othmar Hafner, Vorstandsmitglied von TI-Schweiz, am Dienstag vor der Presse. Er forderte mehr Transparenz im Kampf gegen die Korruption.
Ausserdem soll ein allgemeines Verbot der Geschenkannahme in der Bundesverwaltung erlassen werden. Dies wäre laut der Organisation ein deutliches Signal für Null-Toleranz gegenüber Korruption.
Zeugen sollen aussagen können
T-CH fordert ausserdem von den Gesetzgebern klare Regelungen für das so genannte «gerechtfertigte Whistleblowing». Darunter versteht man die Garantie für Zeugen, vorgefallene Missbräuche melden zu können, ohne Angst vor negativen Konsequenzen haben zu müssen.
T-CH verlangt zudem von den Unternehmen und KMU, die von Transparency International ausgearbeiteten Geschäftsgrundsätze gegen Bestechung einzuführen. Auch von den Kantonen fordert die Organisation mehr politischen Willen im Kampf gegen die Korruption.
Kantone und Kleinräumigkeit
Alle Versuche von TI, die Kantone einzubinden, seien bei den Kantonsvertretern auf Desinteresse gestossen. Dabei finde der Machtmissbrauch in der Schweiz auf Grund ihrer kleinräumigen Strukturen vor allem in der so genannten «Vetterliwirtschaft» statt. Und diese sei nicht strafbar, erinnert die Nichtregierungs-Organisation.
Philippe Lévy erklärte bereits vor einem Jahr, dass die kleinräumigen Strukturen des Landes die persönlichen Beziehungsnetze begünstigen würden. Netze, welche über die lokale und kantonale Politik bis hin zu politischen Parteien und in die Kader der Milizarmee reichen.
«Die Kantone, vor allem die kleinen, sind schlicht überfordert mit der Aufdeckung und Verfolgung von korrupten Machenschaften», sagte Lévy bereits im Sommer 2002.
Laut TI seien Beziehungsnetze, wie sie in der Schweiz existieren, nicht immer korrupt. Doch wenn bei Bauaufträgen von Gemeinden beispielsweise die schlechtere Offerte zum Zuge komme, weil etwas angeboten werde, so sei dies Korruption. Denn alle, respektive die Steuerzahler, seien davon betroffen.
Exportindustrie und Banken verbesserten sich
Besser stehe es um die schweizerische Exportindustrie. Die im Ausfuhrgeschäft tätigen Unternehmen haben gemäss TI in letzter Zeit eine Reihe von Antikorruptions-Massnahmen ergriffen. Die Schweiz lag 2002 im TI-«Korruptionsindex der Exportländer» auf dem 2. Rang.
«Die Schweiz muss aktiv bleiben im Kampf gegen Korruption», sagte Gemma Aiolfi, Direktorin vom Basel Institute on Governance, am Dienstag vor der Presse. Lobend erwähnte sie Massnahmen von Banken, um Korruptionsgelder abzuwehren und Bestimmungen zur Geldwäscherei.
swissinfo und Agenturen
Der Corruption Perceptions Index (CPI) von TI listet in diesem Jahr 133 Länder nach dem Grad auf, in dem dort Korruption bei Amtsträgern und Politikern wahrgenommen wird (öffentliche Verwaltung, Regierung). Befragt werden Geschäftsleuten, Risikoanalysten und Experten.
Der seit 1995 publizierte CPI ist nicht zu verwechseln mit dem im Juli 2003 erstmals publizierten «Global Corruption Barometer», der auf einer von TI in Auftrag gegebenen Gallup-Umfrage im Jahr 2002 beruht.
Weitere Instrumente von TI, um die Korruptions-Wahrnehmung in verschiedenen Ländern zu messen und zu vergleichen: Bribe Payers Index (BPI) und Global Corruption Report. Beim BPI wird die Neigung der Exportunternehmen gemessen, in Drittweltländern mit Bestechungsgeldern zu arbeiten.
Unter Korruption versteht TI den Missbrauch einer anvertrauten Machtstellung zu privatem Nutzen.
Transparency International (TI) ist die einzige Nichtregierungsorganisation, die sich ausschliesslich der weltweiten Bekämpfung der Korruption widmet. TI wurde 1993 gegründet, hat ihren Sitz in Berlin und zählt heute über 80 nationale Sektionen, darunter in der Schweiz.
Transparency Switzerland (T-CH) ist die Schweizer Sektion von Transparency International und wurde 1995 als Verein gegründet. T-CH besteht aus einem Vorstand, einer Geschäftsstelle und rund 100 Mitgliedern (Privatpersonen und Unternehmen).
CPI-Maximum: 10 Punkte
1. Rang: Finnland mit 9,7 Punkten
2. Rang: Island ( 9,6)
3. Rang: Dänemark, Neuseeland (9,5)
5. Rang: Singapur (9,4)
6. Rang: Schweden (9,3)
7. Rang: Holland (8,9)
8. Rang: Australien, Norwegen, Schweiz (8,8)
11. Rang: Kanada, Luxemburg, UK (8,7)
(…)
132. Rang: Nigeria (1,4)
133. Rang: Bangladesh (1,3)
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch