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Lösung für Abacha-Gelder in greifbarer Nähe

Die Entscheidung, wer die die Millionen des toten nigerianischen Präsidenten Sani Abacha erhält, rückt näher. Keystone Archive

Nigeria erhält von der Schweiz Rechtshilfe und weitere Unterlagen zur Abacha-Affäre. Nigeria muss allerdings noch eine Zusicherung abgeben.

Das Bundesgericht hat die Beschwerden gegen die Rechtshilfe-Entscheide des Bundesamtes für Justiz (BJ) weitgehend abgewiesen.

Im Fall der seit 1999 auf Schweizer Banken eingefrorenen Abacha-Gelder ist damit eine Lösung näher gerückt. Das Bundesgericht hiess die Rechtshilfe an Nigeria gut, verlangte aber teilweise zusätzliche Garantien. Nigeria erhält nun weitere Bankakten und hofft auf die baldige Rückerstattung von 618 Millionen Dollar.

Das Bundesgericht wies in dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil fünf von sechs Rekursen gegen die Schweizer Rechtshilfe im Fall der Gelder des 1998 verstorbenen nigerianischen Ex-Diktators Sani Abacha ab oder trat nicht darauf ein.

Zusätzliche Garantien gefordert

Im sechsten Fall wurde die Beschwerde insofern teilweise gutgeheissen, als die Lausanner Richter das Bundesamt für Justiz (BJ) aufforderten, zusätzliche Garantien Nigerias für ein faires Verfahren gemäss dem UN-Pakt II über bürgerliche und politische Rechte beizubringen. Dies vor allem für den Fall, dass die Witwe und zwei Söhne Abachas in Nigeria verhaftet werden sollten.

Zudem muss das BJ vor der Aushändigung von Bankunterlagen jene Dokumente ausscheiden, welche die Zeit vor der Machtübernahme Abachas im Jahre 1993 betreffen.

Die Beschwerdeführer, bei denen es sich neben den Familienangehörigen Abachas um einen Geschäftsmann und früheren Minister handelt, blitzten aber mit ihren Hauptargumenten gegen die Schweizer Rechtshilfe ab.

Das Bundesgericht aberkannte zudem die Beschwerdelegitimation für jene Personen, die die Gelder unter einem falschen Namen bei Banken in der Schweiz angelegt hatten und keine eindeutigen Beweise vorlegen konnten, dass sie tatsächlich die Kontoinhaber sind.

Befriedigte Reaktionen

Sowohl das Bundesamt für Justiz wie auch die Schweizer Anwälte Nigerias begrüssten das Urteil des Bundesgerichts und sahen ihre Auffassung weitgehend bestätigt. Das BJ will Nigeria nächste Woche auffordern, die zusätzlichen Verfahrensgarantien zu leisten. Der Genfer Rechtsanwalt Enrico Monfrini sagte, dies werde umgehend geschehen.

Der grössere Teil der Bankdokumente kann nach Auskunft von BJ-Sprecher Folco Galli nun aber Nigeria übergeben werden. Das Bundesamt sei auch bereit, mit Nigeria im Hinblick auf die Rückerstattung der Vermögenswerte zusammenzuarbeiten, sagte er, ohne sich zu möglichen Wegen zu äussern.

Kein Geld ohne rechtkräftigen Entscheid

Die Herausgabe von Vermögenswerten ist gemäss dem Rechtshilfegesetz in der Regel erst dann möglich, wenn im ersuchenden Staat ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Entscheid vorliegt.

Dies führte im Fall Marcos dazu, dass die 1986 auf Schweizer Banken eingefrorenen Millionen nach wie vor auf einem Sperrkonto in Manila blockiert sind, ohne dass die Philippinen darauf Zugriff haben.

Das Gesetz lässt aber grundsätzlich auch eine Herausgabe «in jedem Stadium des ausländischen Verfahrens» zu. Darauf stützen sich die Hoffnungen Nigerias, wie Anwalt Monfrini sagte. Man wolle nun mit dem BJ über die Bedingungen für eine solche vorzeitige Rückgabe der Gelder verhandeln. Sie belaufen sich gemäss Galli zurzeit auf rund 618 Millionen Dollar.

Monfrini sieht nach dem Bundesgerichtsurteil zudem wieder gestiegene Chancen auf einen aussergerichtlichen Vergleich mit der Abacha-Familie. Ein erster Deal, der neben der Schweiz auch andere Länder mit Abacha-Geldern umfasst und die Rückgabe von rund einer Milliarde Dollar an Nigeria vorgesehen hatte, war im letzten Herbst geplatzt.

swissinfo und Agenturen

Oktober 1999: Rechtshilfegesuch Nigerias
Sperrung von 670 Mio. Dollar auf Bankkonten in der Schweiz
2001 waren in der Schweiz und anderswo Vermögenswerte von insgesamt 1,7 Mrd. Dollar blockiert

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