Neonazis marschierten straffrei durch Brunnen
Die Justiz des Kantons Schwyz belangt Neonazis nicht, welche am 1. August 2005 durch Brunnen marschierten. Der Aufmarsch sei vorgängig bewilligt worden.
Eine Untersuchung gegen etliche nachträglich in Brunnen ermittelte Rechtsextremisten und Teilnehmer an der Rütlifeier läuft noch.
Seit 10 Jahren wiederholt sich nun am 1. August auf dem Rütli dasselbe widerliche Schauspiel: Neonazis, die sich unter die Gäste mischen, stören mit Hitlergruss, Hakenkreuzen und Hasstiraden die traditionelle Feier zum Geburtstag der Schweiz aufs Massivste. Nach der letztjährigen Feier marschierten die Rechtsradikalen zudem noch durch das Dorf Brunnen am Vierwaldstädtersee.
Nach Ansicht des Bezirksamtes Schwyz (Untersuchungsrichter) haben diese Rechtsradikalen keine strafbare Handlung begangen. Sie gehen daher straflos aus.
Das Bezirksamt Schwyz bestätigte am Montag entsprechende Medienberichte und eine Mitteilung der Webseite der rechtsradikalen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos). Gemäss Untersuchungsrichterin Alexandra Haag lag eine mündliche Bewilligung für den Durchmarsch vor.
Die Rechtsradikalen hätten den Marsch durch Brunnen vorgängig mit der damaligen Kommandantin der Schwyzer Kantonspolizei, Barbara Ludwig, und mit dem Polizeidirektor, Regierungsrat Alois Christen, abgesprochen. Die Leute «mussten ja
auf irgend eine Art und Weise vom Schiffsteg zum Bahnhof gelangen», heisst es in der Verfügung des Bezirksamtes.
Kundgebung mit rund 600 Personen
Nach der Rütli-Bundesfeier vom 1. August 2005 waren rund 600 Rechtsextreme durch Brunnen marschiert. Sie skandierten ihre Parolen, verlangten eine «eidgenössisch-sozialistische Zukunft» und forderten «Ausländer raus». Es war von einer unbewilligten Demonstration die Rede. Die Polizei hielt sich im Hintergrund.
Wie sich inzwischen herausstellte, hatte die Pnos den Marsch vorgängig mit der Polizei abgesprochen. Zwar hatte sich die Schwyzer Regierung vor dem 1. August 2005 gegen jegliche Demonstration in Brunnen ausgesprochen, sei sie nun links oder rechts.
Durchmarsch in Kauf genommen
Dennoch wurde der rechtsextreme Durchmarsch letztlich akzeptiert. Bei einer Auflösung der Kundgebung hätte das Risiko bestanden, dass es zu schweren Delikten gegen Personen und Sachwerten hätte kommen können, argumentierte die Regierung in einer Antwort auf eine Interpellation im Kantonsrat.
Man habe in Kauf genommen, dass die Rechtsextremen wegen der engen räumlichen Verhältnisse auf die Strasse auswichen und dort weitermarschierten, so die Regierung. Die Polizei sei dadurch gezwungen worden, die Kantonsstrasse aus Sicherheitsgründen zu sperren.
Gegen 13 nachträglich ermittelte Teilnehmer wird denn auch nicht wegen Rassismus ermittelt, sondern – wenn überhaupt – wegen unerlaubten Marschierens auf der Strasse.
Auch in Uri straffrei
Die 1.-August-Feier auf dem Rütli hat in den letzten Jahren zunehmend pöbelnde Rechtsextremisten angezogen. Wiederholt störten sie die Feier. Zum Eklat kam es 2005: Hunderte von Extremisten beschimpften und störten den damaligen Bundespräsidenten Samuel Schmid während seiner Ansprache.
Die Pöbler kamen bis jetzt ungeschoren davon. Für die Feier auf dem Rütli stellte auch die Urner Polizei «keine strafrechtlich relevanten Taten» fest.
swissinfo und Agenturen
Jedes Jahr am Nationalfeiertag 1. August organisiert die Rütlikommission auf dem Rütli eine 1. Augustfeier und erinnert an den Bundesbrief von 1291, der die Grundlage für die heutige Schweiz schaffte, welche 1848 zum Bundesstaat wurde.
Seit nun 10 Jahren wird die Feier von Rechtsextremisten gestört, welche während der Feier ihre Parolen skandieren und die Reden stören.
Nach der letztjährigen Rütlifeier marschierten Rechtsextreme durch Brunnen, auf der andern Seite des Vierwaldstättersees.
Um unerwünschte Personen von der Feier fernzuhalten, werden in diesem Jahr nur noch Personen zugelassen, welche über eine Eintrittskarte verfügen.
Die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) wurde im Jahr 2000 gegründet. Sie ist verantwortlich für die Störungen der Rütlifeiern am 1. August.
Ihre Mitglieder werden laufend verurteilt, weil sie gegen die Rassismusnorm verstossen.
Ein Bericht zur Lage der Inneren Sicherheit spricht von rund 1000 Rechtsextremisten in der Schweiz.
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