Neue Chance für die Buchpreisbindung
Das Prinzip einer Buchpreismarkt-Bindung ist von einer Nationalrats-Kommission gebilligt worden. Die unabhängigen Buchhandlungen in der Romandie hatten mit leeren Schaufenstern dafür protestiert.
In der deutschen Schweiz ist das Verschwinden der kleinen Buchhandlungen dank eines Abkommens der gesamten Buchbranche nicht so gravierend.
Die Aktion «leere Schaufenster» (vitrines blanches) von 47 unabhängigen Bücherhandlungen in der Westschweiz letzte Woche war möglicherweise erfolgreich. Die für die Reglementierung des Buchmarktes zuständige Kommission des Nationalrats (grosse Parlamentskammer) hat sich mit 14 zu 9 Stimmen für die Buchpreis-Bindung ausgesprochen.
«Es ist eine wichtige Etappe auf dem Weg der Ausarbeitung eines Gesetzes. Die ganze Arbeit, die bis heute gemacht wurde, war nicht verlorene Mühe», freute sich Dominique de Buman, Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) und Präsident der Unterkommission, die das Reglementierungs-Projekt bearbeitet hatte.
Deutschschweiz weniger betroffen
Seit 2001 haben laut Angaben der «Association suisse des diffuseurs, éditeurs et libraires» (ASDEL) in der Schweiz 51 Buchläden geschlossen, die meisten davon in der französischsprachigen Schweiz.
Im Gegensatz zur Deutschschweiz ist der Westschweizer Buchmarkt komplett dereguliert. Es gibt kein Abkommen in der Art, wie es in der Deutschschweiz die Grosshändler und Buchhandlungen mit den deutschen Verlagen unterzeichnet haben.
Ein solches Abkommen erlaubt eine gewisse Einheitlichkeit der Buchpreise, namentlich betreffend der Preiserhöhung auf importierten Büchern. Aus diesem Grund hat die Wettbewerbskommission (Weko) ein Auge auf die Branche geworfen. Ein Rekurs ist hängig.
Solidarische Verleger
«Das Problem der kleinen welschen Buchläden ist, dass man ihnen die einfach zu verkaufenden Bücher wie Wörterbücher, Comics und Bestseller weggenommen hat, die bisher ihre Rechnung im Lot behalten haben», erklärte Claude Frochaux, ehemaliger Verleger bei «L’Age d’Homme».
«Die grossen Buchhäuser wie Payot oder FNAC können es sich erlauben, mit grossen Rabatten auf diesen Produkten aufzutreten.»
Marlyse Pietri, Gründerin und Direktorin des Verlags Zoé in Genf, machte eine knallharte Analyse: «Sie (die Kleinen) wurden angeschlagen, wir werden folgen.» Für sie ist das kontinuierliche Verschwinden der Buchläden ein prophetisches Zeichen. Als Nachwirkung könnten viele Verlagshäuser auch ihre Türen schliessen.
Mit ihrem grünen Licht haben die Mitglieder der WAK den professionellen Buchhändlern der Schweiz nun neue Hoffnung gegeben. Sie geben damit auch Gegensteuer zu einem im Juni 2006 veröffentlichten Bericht, auf den sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) und das Bundesamt für Kultur (BAK) gestützt haben, um die Buchmarktregulierung zu kritisieren.
Buch von UNESCO geschützt
Die Option der WAK dürfte der Schweiz erlauben, ihr internationales Engagement aufrecht zu erhalten. Wie die ASDEL erinnerte, ist die Schweiz Signaturstaat einer UNESCO-Konvention, welche das Kulturgut den marktwirtschaftlichen Mechanismen entziehen will.
Um diese Idee zu verteidigen, haben 150 Personen aus der Welt des Schweizer und des französischen Buches ein Manifest unterzeichnet, das letzte Woche an Stelle der Bücher in den leeren Schaufenstern ausgestellt wurde. Unterzeichnet hatten unter anderem Zep, der bekannte Zeichner der Figur Titeuf, sowie der Verleger Antoine Gallimard.
Für sie ist das Buch «ein wichtiges Vehikel der Kultur, das nicht nur den Kriterien der Rentabilität unterworfen werden darf». Verleger Claude Froidevaux ergänzte: «Die Vielfalt ist gefährdet. Die kleinen Buchläden, die eine gewisse Art von Büchern nicht kaufen, die Rabatten unterliegen, unterstützen dafür das Schweizer Buch und stellen dieses ins Schaufenster.»
Dominique de Bumann seinerseits betont die Wichtigkeit der kulturellen Vielfalt, besonders in einem Land wie der Schweiz. Jenseits der Konzentration im Büchermarkt schätzt Marlyse Pietri, wie die gesamte Branche, dass es sich nicht um «eine Frage der Marktorganisation handelt, sondern des Denkens, der Ideen, der Philosophie».
swissinfo, Carole Wälti
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)
In Frankreich, Deutschland und Österreich ist der Buchpreis mit einem Gesetz geregelt. In andern Ländern ist der Buchpreis durch ein Abkommen zwischen Verlegern und Buchhändlern geregelt.
Belgien und Schweden haben keine Buchpreisbindung.
1998 sagte die europäische Kommission, Vertragssysteme- oder Gesetze um den Preis eines Buches auf einem nationalen Niveau zu garantieren, stünden nicht im Widerspruch zu den europäischen Wettbewerbs-Regeln.
In der Deutschschweiz ist der Buchpreis durch ein Abkommen zwischen Verlagen und Buchhandlungen geregelt.
Die Wettbewerbskommission hat dieses Abkommen als nicht vereinbar mit dem Kartellgesetz bezeichnet. Der Rechtsstreit dauert noch an.
2004 hat der inzwischen verstorbene Nationalrat Jean-Philppe Maitre eine parlamentarische Initiative eingereicht, um den Buchpreis zu regulieren.
Im Juni 2006 hat der Bundesrat einen Bericht genehmigt, der den Büchermarkt als «gesund und stabil» bezeichnet.
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