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Nulltoleranz bei häuslicher Gewalt

Gewalt im privaten Raum ist strafbar - doch zu oft kommen Täter ungeschoren davon. (Bild: prevention.criminalite.ch) Una donna su cinque è stata picchiata almeno una volta nella sua vita (foto: www.prevention-criminalite.ch )

In der Schweiz wird jede fünfte Frau mindestens einmal im Leben von ihrem Partner geschlagen. Damit soll nun Schluss sein.

Eine Kampagne macht gegen das vermeintliche «Kavaliersdelikt» im ganzen Land mobil.

Sexuelle Gewalt, Faustschläge, Fusstritte, Drohungen, Demütigungen, Freiheitsentziehung, Sachbeschädigung oder Nötigung – die häusliche Gewalt zeigt sich in erschreckenden Bildern. Oft und fälschlicherweise wird behauptet, was im privaten Bereich geschehe, sei Privatsache.

Die Täter sind praktisch ausschliesslich Männer. Jede fünfte Frau wurde mindestens einmal im Leben von einem Partner körperlich misshandelt. Fast jede zweite Frau war psychischer Gewaltanwendung ausgesetzt.

Unter den Auswirkungen häuslicher Gewalt leidet auch die Volkswirtschaft: Der Schaden beträgt rund 400 Millionen Franken im Jahr.

Durchgreifen angesagt

Mit einer Kampagne macht die Schweizerische Koordinationsstelle für Verbrechensbekämpfung (SKVP) mobil gegen das vermeintliche «Kavaliersdelikt».

Dazu präsentierte sie in den vergangenen Tagen eine Broschüre, die sich an Opfer und Täter aber auch an Nachbarn oder Bekannte wendet. Die SKVP setzt dabei auf Aufklärung und konsequentes Durchgreifen der Polizei.

Entlastung für die Opfer

Die Kampagne soll die Opfer entlasten: Frauen und Kinder. Denn für diese ist es immer noch ausserordentlich schwierig, ihre Situation ausserhalb der Privatsphäre zu artikulieren und Hilfe zu holen.

Die Opfer können aber erst effektiver geschützt werden, wenn häusliche Gewalt als Offizialdelikt im Schweizerischen Strafgesetz verankert sein wird, also als Vergehen, das von Amtes wegen verfolgt werden muss.

Die parlamentarischen Initiativen von Margrit von Felten, «Gewalt gegen Frauen als Offizialdelikt» und «Sexuelle Gewalt in der Ehe als Offizialdelikt» weisen in diese Richtung.

Der Nationalrat hatte in der vergangenen Frühjahrs-Session die Behandlung der beiden Initiativen von Felten auf die Sommersession oder noch weiter hinaus verschoben.

Bis das Paket auch den Ständerat passiert hat und ein allfälliges Differenzbereinigungsverfahren der beiden Räte abgeschlossen ist, dürften allerdings noch Jahre vergehen.

Sich schneller drehende Gewaltspirale

Bisher zogen jeweils viele Frauen, die sich zu einer Anzeige entschieden, auf Druck der Gewalttäter oder der Familie wieder zurück. Oftmals dreht sich dann die Gewaltspirale noch schneller weiter.

Da sich die peinigenden Männer bisher für ihre Taten meist nicht verantworten mussten, konnten sie unbehelligt ihr Verhalten aufrecht erhalten.

Kantone teils schneller als der Bund

In den Kantonen Appenzell Ausserrhoden und St. Gallen kann die Polizei schon heute eine gewalttätige Person aus der Wohnung weisen und ihr die Rückkehr für 10 Tage verbieten.

Im Januar und Februar dieses Jahres wurden in St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden 38 Wegweisungen vollzogen, davon 3 gegen Frauen. Andere Kantone arbeiten an ähnlichen Gesetzen.

Neuer Ansatz: Er- statt vermitteln

Der neue Ansatz verändert auch die Arbeit der Polizei. Das Bild des Polizeibeamten, der nur schlichtend in einen Konflikt eingreift, stimmt so nicht mehr.

Silvia Steiner, Kripochefin der Zuger Polizei, sagte bei der Lancierung der SKPV-Medienorientierung: «Statt ver- müssen die Polizisten ermitteln. Für Betreuung und Opferhilfe sind andere zuständig.»

Dafür brauche es eine intensive Vernetzung aller professionellen Stellen. Derzeit werde eine standardisierte Vorgehensstrategie entwickelt.

Flucht ins Frauenhaus

Frauen, die sich von ihren Partnern trennen möchten, werden heute oft durch Angst vor Armut, Ausgrenzung, Obdachlosigkeit und Erwerbslosigkeit am letzten, entscheidenden Schritt gehindert.

Die Flucht in ein Frauenhaus ist meist die einzige und letzte Möglichkeit, aus der sich immer schneller drehenden Gewaltspirale auszubrechen.

Im Frauenhaus können Frauen und ihre Kinder unterkommen und versuchen, die Krise zu bewältigen. Viele Frauen sind traumatisiert, da sie an jenem Ort Gewalt erfahren haben, wo man sich sonst zurückzieht, geborgen und zu Hause ist.

swissinfo, Etienne Strebel

Jede 5. Frau wird mindestens einmal im Leben von ihrem Partner geschlagen.
Fast jede 2. Frau wird psychischer Gewaltanwendung ausgesetzt.
21% der Kosten für Polizei-Einsätze entfallen auf häusliche Gewalt.

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