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Schweiz setzt auf Effizienz und Sparsamkeit

In Tadschikistan kommt das Wasser bei einem grossen Teil der Bevölkerung nicht zu Hause aus dem Hahn. Photopress

Wasserkonflikte in Zentralasien standen im Zentrum der Jahreskonferenz der Schweizer Ostzusammenarbeit in Solothurn. Die Schweiz setzt bei der zunehmenden Wasserknappheit auf ein effizientes Management.

Ist von Zentralasien die Rede, so wird häufig die Verbindung zu den grossen dort lagernden Ölvorkommen gemacht. Doch Zentralasien ist nicht nur reich an Bodenschätzen, es besitzt auch enorme Mengen eines weiteren, immer kostbar werdenden Gutes: Wasser.

War die Wasserverteilung früher zentral geregelt, so ist diese seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 in den ehemaligen Republiken eine zwischenstaatliche Angelegenheit.

Durch die wachsende Wasserknappheit nimmt die Gefahr von Konflikten zwischen den ressourcenreichen, aber wasserarmen Staaten Usbekistan, Turkmenistan und Kasachstan, sowie dem wasserreichen, aber ressourcenarmen Tadschikistan und Kirgistan zu. Auch zwischen Stromproduzenten und Bauern gibt es immer mehr Spannungen.

Fachwissen und Eigeninteresse

Die Schweiz, die als Wasserschloss Europas gilt, leistet seit über 15 Jahren in Zentralasien Transitionshilfe, wobei sie sich stark im Wassersektor engagiert.

«Die Schweiz hat durch die Erfahrungen im eigenen Land viel Fachwissen im Bereich des Wassermanagements aufgebaut», betonte Wirtschaftsministerin Doris Leuthard an der Jahreskonferenz der Schweizer Ostzusammenarbeit am Freitag in Solothurn.

Die Schweiz handle bei der Unterstützung der Transitionsländer auch «im Sinne unseres wohlverstandenen Eigeninteresses», sagte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. «Denn die globalen Herausforderungen, das hat die Finanzkrise gezeigt, kennen keine Landesgrenzen.»

Zentralasien liege so gesehen in «unserer näheren Nachbarschaft». Konflikte könnten beispielsweise über Migrationsflüsse auch Auswirkungen auf die Schweiz haben. Auch Leuthard spricht von der «Gefahr von zunehmenden internationalen Spannungen und Migration».

Lecke Leitungen und Gletscherschwund

Verantwortlich für die zunehmende Wasserknappheit in Zentralasien sind vor allem das Bevölkerungswachstum und der Klimawandel: Die Gletscher im Pamir-Gebirge, dem Wasserschloss Zentralasiens, sind in den letzten 50 Jahren um zirka 20 Prozent zurückgegangen.

Der Weltentwicklungsbericht der Uno von 2007 rechnet mittelfristig mit einem Rückgang der Wassermenge der beiden grössten zentralasiatischen Wasseradern Syr Darya und Amu Darya von bis zu 40 Prozent. Ein weiteres Problem sind die Wasserverluste durch die marode Infrastruktur.

«Anreize zum Wassersparen»

An der Jahreskonferenz wurde denn auch immer wieder die Wichtigkeit eines effizienten Wassermanagements betont. Dabei geht es etwa um die Modernisierung und Reparatur von Leitungen, Kanälen und Pumpen sowie die Einführung neuer Bewässerungsmethoden. Wichtig sind gemäss Leuthard auch «Anreize zum Wassersparen».

Wie sollen die Menschen in Zentralasien Wasser sparen? Im Ferghana-Tal in Tadschikistan muss die Bevölkerung mit teilweise weniger als 30 Liter Trinkwasser pro Tag auskommen. In der Schweiz liegt der Trinkwasser-Verbrauch bei 162 Litern pro Kopf und Tag.

Jean-Daniel Gerber, Direktor des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) erwähnte als Beispiel die von der Schweiz gelieferten Wasserzähler, die eine genaue Abrechnung der konsumierten Wassermengen erlauben.

Daler Jumaev, Generaldirektor des ersten privat-öffentlichen Stromunternehmens Pamir Energy, zeigt sich auch erfreut über die Einführung von Stromzählern und die damit verbundene Möglichkeit, dem illegalen Stromkonsum einen Riegel vorzuschieben.

Konfliktreiche Stromprojekte

«Doch auch Effizienzgewinne können nicht das gesamte, grosse Energieproblem Tadschikistans und Kirgistans lösen», so Leuthard. In Zentralasien gebe es grosse Projekte für Kraftwerke und Staudämme. «Da solche Vorhaben sehr rentabel sein können, ist das Interesse von internationalen Investoren und Regierungen gross», wie Leuthard sagte.

Angesichts des Konfliktpotenzials, das durch die Umsetzung dieser Pläne in Zentralasien noch erhöht würde, werde der Fokus der schweizerischen Zusammenarbeit im Strom- wie im Wasserbereich weiterhin auf der effizienteren Verteilung und Verwendung bleiben.

Wie Bundesrätin Leuthard betonte, braucht es zur Entschärfung der Krise nicht nur Dialog und Kooperation zwischen den Ländern Zentralasiens, sondern auch eine regionale und internationale Abstimmung der Projekte.

Fehlendes Frühwarnsystem

Johannes Linn, ehemaliger Weltbank-Vizedirektor und heutiger Direktor am Wolfensohn Center for Development in Washington sieht Handlungsbedarf in Bezug auf den Informationsaustausch der internationalen Gemeinschaft und ein länderübergreifendes Frühwarnsystem für Naturkatastrophen.

Auf den härtesten Winter seit 40 Jahren, in dem die tadschikische Bevölkerung grösstenteils ohne Heizung und Strom ausharrte, folgte diesen Sommer eine Dürre. Eine Dürre, die seiner Meinung nach nicht frühzeitig erkannt wurde.

swissinfo, Corinne Buchser, Solothurn

Tadschikistan, Kirgistan, Turkmenistan, Usbekistan und Aserbeidschan gehören mit Polen und Serbien zur Stimmrechtsgruppe der Schweiz in den Bretton-Woods-Institutionen. Dank dieser kann die «kleine» Schweiz beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank den Kurs mitbestimmen.

2007 betrug das Engagement der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) in den Ländern Tadschikistan, Kirgistan und Usbekistan rund 22 Mio. Franken, jenes des Staatsekretariats für Wirtschaft (Seco) belief sich auf rund 15 Mio. Franken.

Die OECD schätzt, dass bis 2030 rund 3,9 Mrd. Menschen mit Wassermangel oder Wasserverschmutzung konfrontiert sind.

Weltweit verfügen noch immer über 800 Mio. Menschen über eine ungenügende Trinkwasser-Infrastruktur.

Die Uno will mit den Millenniums-Zielen namentlich die Zahl der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, bis 2015 halbieren.

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