Splitterbomben: Verbesserung oder Moratorium?
Die USA setzen in Afghanistan Splitterbomben ein. Eine Schweizer Initiative will deren Zuverlässigkeit erhöhen, was Nichtregierungs-Organisationen kritisieren.
Splitter- oder Cluster-Bomben sind meist Kanister, die bis zu 300 Minibomben enthalten. Diese Minibomben sind mit kleinen Metallkugeln gefüllt. Die Kugeln verhalten sich bei der Explosion wie Geschosse. Die Waffenart ist international umstritten, da sie durch zahlreiche minenartige Blindgänger die Zivilbevölkerung bedroht.
Effiziente Waffe
«Aus einer militärischen Perspektive sind Cluster-Bomben sehr effizient, um den Feind zu reduzieren», erklärt Bernard Jeanty, Sektionschef Globale Rüstungskontrolle und Abrüstung im Verteidigungs-Ministerium (VBS).
Das grosse Problem der Splitterbomben sei jedoch deren hohe Blindgängerrate, bestätigt Jeanty. Im Kosovo-Krieg 1999 betrug diese nach NATO-Angaben 10 Prozent, im Golfkrieg 30 bis 40 Prozent. Neben der Gefährdung der Zivilbevölkerung entstehen durch sie erhebliche Probleme für den Wiederaufbau des Landes.
«Zuverlässigkeit» auf 98% erhöhen…
Im Kosovo setzten die NATO-Länder nach eigenen Angaben 1’392 Splitterbomben ein, die 290’000 Minibomben verteilten. Bei einer Blindgängerquote von 10 Prozent heisst das, dass 29’000 Bomben nicht explodierten. Die Minenräumer der UNO entschärften bis Ende Juni 2001 rund 14’000 Stück. Trotzdem verloren im ersten Jahr nach dem Krieg über 100 Menschen ihr Leben durch Blindgänger.
Laut Jeanty lancierte die Schweiz aus diesem Grund eine Initiative für eine zusätzliche Regelung der Cluster-Bomben im Rahmenvertrag der Inhumanen-Waffen-Konvention. Ziel wäre es, für alle Splitterbomben eine Zuverlässigkeit von 98 Prozent erreichen. Die Initiative wird im Dezember an der Überprüfungskonferenz des Rahmenvertrags in Genf behandelt.
… ist immer noch 2% zuviel
Für Tobias Gasser von der Schweizerischen Kampagne gegen Anti-Personen-Minen sind 2 Prozent Blindgänger zuviel. Das Problem sei ein psychologisches: Für die betroffene Bevölkerung mache es keinen Unterschied, ob auf dem Bombenfeld zwei oder zehn Prozent Blindgänger liegen. Das Feld sei auf jeden Fall unbrauchbar, bis es geräumt sei.
Moratorium gefordert
Seine Organisation verlangt zusammen mit anderen Nichtregierungs-Organisationen ein Moratorium für den Einsatz, den Handel und die Lagerung von Splitterbomben. Gasser unterstützt aber gleichzeitig den Vorschlag des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) für eine globale Lösung der so genannten «Kriegsrückstände».
Verursacher sollen aufräumen
Danach wären die Kriegsparteien verpflichtet, Information über abgeworfene Minen und Splitterbomben weiterzugeben und die Bomben mit einem Selbstzerstörungs-Mechanismus zu versehen. Sie trügen die Verantwortung für deren Räumung oder müssten Kompensations-Zahlungen leisten. Das IKRK will die Cluster-Munition nicht verbieten, sondern deren Einsatz einschränken.
Nach Angaben von Lou Maresca, Rechtsberater beim IKRK, ergänzen sich der Vorstoss seiner Organisation und derjenige der Schweiz. Der IKRK-Vorschlag behandle das Problem aus einer globalen Sicht. Er wende sich an die Verantwortung der Verursacher. Der Schweizer Vorstoss sei eher technischer Art. Die Forschungsarbeit der Schweiz aber sei sehr nützlich.
swissinfo und Agenturen
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