Terroristenzelle aufgeflogen
Eine terroristische Zelle hat gemäss Bundesanwaltschaft in der Schweiz einen Anschlag auf ein Flugzeug der israelischen Fluggesellschaft El Al geplant.
Mehrere Personen waren in der Schweiz verhaftet worden. Einer der Verdächtigen stand in Kontakt mit dem Islamisten Mohammed Achraf, der im Oktober 2004 verhaftet und später an Spanien ausgeliefert worden war.
Über den Fall hatte die Bundesanwaltschaft (BA) erstmals am vergangenen 12. Mai informiert, als bei Razzien in den Kantonen Basel-Stadt und Zürich sieben Personen wegen Verdachts auf Unterstützung oder Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation festgenommen worden waren.
Drei von ihnen wurden in den folgenden Tagen in Untersuchungshaft gesetzt. Weitere Auskünfte wurden damals unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht erteilt.
Am Donnerstag hat die Ermittlungsbehörde des Bundes über weitere Einzelheiten informiert. So hätten am Anfang dieses internationalen Falles Ermittlungen gegen eine Diebesbande gestanden.
Die Bundeskriminalpolizei habe Anfang 2005 Erkenntnisse über eine etwa 12-köpfige Bande gehabt, die hauptsächlich in der Region Zürich, aber auch in der übrigen Schweiz Diebstähle begangen habe.
Kontakt zu Terrorismus-Verdächtigem
Die Ermittlungen hätten gezeigt, dass die Bande sehr gut organisiert gewesen sei und dass ein Teil der erbeuteten Mittel zu Gunsten einer terroristischen Organisation überwiesen worden sei. Um welche Terrororganisation es sich dabei handelte, wollte BA-Sprecherin Jeannette Balmer auf Anfrage nicht sagen.
Ein Mitglied dieser Zelle hatte laut der Mitteilung Kontakt zum mutmasslichen marokkanischen Terroristen, der in der Schweiz unter dem Namen Mohamed Achraf bekannt geworden war.
Achraf wurde am 22. April 2005 von der Schweiz an Spanien ausgeliefert. Er ist inzwischen formell angeklagt, Anführer einer Terrorzelle gewesen zu sein, die Autobombenanschläge in Madrid geplant haben soll.
Die Ermittlungen zeigten laut BA weiter, «dass diese Zelle ernsthaft die Absicht hegte, in unserem Land ein Attentat gegen ein Flugzeug der israelischen Luftfahrtgesellschaft El Al durchzuführen».
Weder Panzerfaust noch Sprengstoff
Ob es sich dabei um den unter anderem auch in israelischen Medien erwähnten Plan für einen Anschlag in Genf-Cointrin handelt, wollte Balmer nicht bestätigen. Sie nannte auch keinen Zeitpunkt für das geplante Attentat.
Die BA dementierte aber erneut, dass bei den Razzien gegen die Zelle in der Schweiz eine Panzerfaust und Sprengkörper beschlagnahmt worden seien.
Auch habe der frühere V-Mann der Schweizer Geheimdienste, Claude Covassi, in dem Verfahren nie eine Rolle gespielt und weder an die Bundesanwaltschaft noch an die Bundeskriminalpolizei Informationen übermittelt.
Zusammenarbeit mehrerer europäischer Länder
Das Verfahren sei vielmehr nur dank einer sehr engen Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden mehrerer europäischer Länder möglich geworden. Genannt wurden von der BA namentlich Frankreich und Spanien.
In der Schweiz kam es seit dem 12. Mai zu einer Serie koordinierter Festnahmen, wie es in der Mitteilung weiter heisst. Dabei seien in drei Kantonen weitere Personen verhaftet worden. Zurzeit sind sieben Personen wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft.
Sie sind nordafrikanischer Herkunft und müssen sich wegen Unterstützung oder Beteiligung an einer kriminellen Organisation, wegen Terrorismusfinanzierung sowie wegen Diebstahls und Hehlerei verantworten. Die Ermittlungen sind gemäss BA sowohl in der Schweiz wie auch im Ausland nach wie vor im Gang.
swissinfo und Agenturen
Die Polizeihoheit liegt in der Schweiz grundsätzlich bei den Kantonen. Deshalb hat jeder Kanton ein eigenes Polizeikorps.
Die einzelnen Korps sind unterschiedlich ausgestaltet. Städte und grössere Gemeinden haben zusätzlich eigene, kommunale Polizeikorps.
Für die innere und die nationale Sicherheit ist der Bund zuständig.
Hier übernehmen das Bundesamt für Polizei (fedpol), die Bundeskriminalpolizei (BKP), der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) sowie der Bundessicherheitsdienst (BSD) kriminal-, präventiv- und sicherheitspolizeiliche Funktionen.
Seit 2002 ist das fedpol zusammen mit der Bundesanwaltschaft auch für die Ermittlungen in Fällen von Schwerstkriminalität (Organisierte Kriminalität, Geldwäscherei, Korruption) zuständig.
Bei polizeilichen Sonderaufgaben (G8-Treffen in Evian 2003 oder World Economic Forum Davos, WEF) unterstützt die Armee die zivilen Behörden.
28. August: Mohamed Achraf wird in Zürich-Kloten verhaftet.
19. Oktober: Die Bundesbehörden erfahren von Achrafs Verhaftung durch die Zürcher Polizei.
21. Oktober: Die Bundesanwaltschaft eröffnet ein Strafverfahren.
22. April: Die Schweiz liefert Achraf nach Spanien aus.
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