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Trüffelsuchen immer mehr im Trend

Andreas Simon sucht mit seinem Hund Vico Trüffel im Berner Seeland. Keystone

Schweizer Trüffel? Das gibt's doch nicht. Aber sicher! "Mehr als genug", weiss ein Experte für die edlen Pilze. Sie zu finden, braucht viel Erfahrung und Geduld. Dennoch versuchen sich immer mehr Leute als "Trüffler" - mit Folgen.

«Das Interesse an den Schweizer Trüffeln und dem hobbymässigen Trüffeln ist riesengross», sagt Fredy Balmer, der selber oft und gerne mit seinem Lagotto-Rüden Tommy de Treti auf die Suche nach den Edelpilzen geht.

Regelmässig lässt sich der Koch auch von interessierten Laien begleiten, mit anschliessendem Trüffel-Menu. «Diese Ausflüge sind ein grosser Erfolg.»

Jedes Jahr lehrt er ausserdem ungefähr einem halben Dutzend Hunde-Besitzern das Trüffeln. Nur ausgewählten Leuten, wie er betont.

«Es gibt auch viele Schmarotzer, die einfach nur das grosse Geld machen wollen», bemerkt er.

«Das hobbymässige Trüffeln ist Mode geworden», sagt auch Hannes Däppen. Vor 20 Jahren, als er mit dem Trüffelsuchen angefangen habe, erzählt der Trüffelexperte aus dem bernischen Mühleberg, seien sie im Kanton vielleicht zu dritt gewesen.

«Heute sind es bald 30.» Wie viele Trüffler es schweizweit gebe, sei kaum abzuschätzen.

Falsche Vorstellungen

Von dieser Entwicklung sind die Trüffelexperten wenig begeistert. Denn die meisten Leute stellen sich das Trüffeln zu einfach vor. «Die denken, sie könnten einfach einen Hund kaufen, ihn ausbilden und los gehts», meint Balmer. Den Hund auf die Trüffel zu prägen sei zwar einfach, das Suchen der Pilze aber keineswegs.

Und es gilt einige Regeln zu beachten. Der sorgsame Umgang mit der Natur ist nur eine. Wichtig ist etwa, dass das Loch, in dem der Trüffel lag, wieder zugegraben wird. Sonst vertrocknen die feinen Baumwurzeln und die Pilzfäden, deren Gesundheit für ein gutes Gedeihen der Trüffel Grundvoraussetzung ist.

Nur: «Die meisten Hobby-Trüffler lassen die Löcher einfach offen und gehen weiter», sagt Däppen. Ein Übel mit Folgen, denn trägt man Sorge zu einer «Trüffelecke», kann man bis zu 60 Jahre lang Edelpilze ernten.

Falsche Geschichten

Ein weit verbreitetes Problem bei den Hobby-Trüfflern sind auch fehlende Kenntnisse.

«Die meisten haben keine Ahnung, welche Trüffelart ihr Hund gerade ausgegraben hat», sagt Däppen.

«Was schwarz ist, ist ein Trüffel und je nach Saison wird er dann Frühlings-, Sommer-, Herbst- oder Wintertrüffel genannt», klagt auch Balmer. Das sei komplett falsch und habe mit Trüffelkenntnissen absolut nichts zu tun.

Immer wieder entstünden deshalb Geschichten, dass jemand kiloweise Sommertrüffel gefunden habe. Diese Sorte wachse in der Schweiz aber gar nicht, wissen die Experten.

Hierzulande am häufigsten zu finden ist der Burgundertrüffel. Seine Saison beginnt im September und dauert ungefähr bis Ende Jahr.

Wissen weitergeben

Mit seinen Ausflügen will Balmer diese Wissenslücken schliessen. Im Gegensatz zu den meisten Trüfflern, die ihr Wissen lieber für sich behalten. «Natürlich habe ich dadurch viele Gegner, aber das ist mir egal.»

Balmer kämpft nicht im Alleingang. Hinter ihm steht die 2002 gegründete Confrérie Suisse de la Truffe de Bourgogne, die Schweizer Bruderschaft des Burgundertrüffels.

Sie will den Schweizer Trüffel bekannt machen und für die Pilze besonders geeignete Baumbestände wie Buche oder Eiche fördern.

Trüffel für den Bundesrat

In der Schweiz habe es schon immer Trüffel gegeben, weiss Balmer. Auch Trüffler seien schon seit Jahrzehnten in den Schweizer Wäldern unterwegs.

Balmer selber geht seit rund 40 Jahren auf die Suche. Der älteste Trüffler, den der Koch kennt, hat im Alter von drei Jahren angefangen. «Heute ist er 75 Jahre alt.»

Früher seien die Trüffelsucher noch viel verschlossener gewesen als heute, erzählt Balmer. «Damals ging es immer nur ums Geld.» Beliefert wurden ausschliesslich die Küchen von Nobelhäusern oder der Bundesrat.

Heute sind die Trüffelsucher zwar offener, gelten aber immer noch als spezielle Menschen. Ein Italiener, so Balmer, habe mal gesagt, Trüffler seien wie Wildscheine: roh und Alleingänger.

swissinfo und Claudia Schön, sda

Trüffel wachsen unter der Erde, in Symbiose mit ihren Wirten. Die feinsten Würzelchen der Bäume verbinden sich mit den Pilzfäden, den so genannten Myzeln, zu einem Geflecht.

Der heranwachsende Pilz liefert der Pflanze Wasser und Mineralsalze, der Wirt versorgt den Trüffel mit Kohlenhydraten.

Am häufigsten sind Trüffel am Fusse von Eichen, Haselnusssträuchern oder Buchen zu finden. Der Boden sollte feucht sein, locker, kalkhaltig und leicht basisch.

Der Trüffel ist weltweit verbreitet. Allein in Europa wachsen mehrere Dutzend Sorten des Pilzes, die meisten sind allerdings ungeniessbar.

Am bekanntesten und renommiertesten ist der italienische weisse Trüffel, mit einem Kilopreis von bis zu 10’000 Franken der wertvollste Pilz überhaupt.

An zweiter Stelle folgt der französische Périgordtrüffel, an dritter der Burgundertrüffel, der weltweit am häufigsten vorkommt.

Trotz bescheidenerem Ruf wird der einheimische Burgundertrüffel in der Schweizer Gastronomie aber immer beliebter.

Einerseits wegen des tieferen Preises, andererseits wegen der Frische gegenüber importierter Ware.

Längst wachsen Trüffel nicht mehr nur wild in Wäldern. In Frankreich stammt ein Grossteil der Edelpilze von riesigen Plantagen.

Versuche von Trüffelzuchten gibt es auch in der Schweiz, vorab in der Westschweiz.

Seit rund zwei Jahren führt der Waadtländer François Blondel eine Versuchsplantage. Er sieht in der Trüffelzucht eine echte Zukunft – für sich und für Bauern, die nach einem Nischenprodukt suchen. Das grosse Interesse scheint ihm Recht zu geben.

Ob auf seinen Plantagen aber auch tatsächlich Trüffel wachsen, wird sich erst zeigen müssen. Zwischen fünf und zwanzig Jahren kann es dauern, bis der erste Trüffel reif ist.

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