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Vogelgrippe: «Kein Grund zur Panik»

Die Schweizer Zeitungen rufen zur Besonnenheit auf. swissinfo.ch

Die Vogelgrippe hat in der Schweiz Einzug gehalten und nimmt in der Presse viel Platz ein - nicht nur in den Kommentarspalten.

Das Vogelgrippe-Virus, das bisher in den Nachbarländern der Schweiz festgestellt worden war, hat die Grenze trotz aller getroffenen Vorsichts-Massnahmen überschritten.

Auch am Ort, wo der das erste Opfer der Seuche, ein Gänsesänger, gefunden wurde, blieb eine Panik aus. Die Genfer Le Temps konstatiert: «Aucune trace de peur hier au bord du lac à Genève» – keine Spur von Angst gestern am Seeufer in Genf.

Die Lausanner 24heures meint hingegen: «Le poids des chiffres n’est rien face au choc des images. En venant mourir au pied du jet d’eau, le harle bièvre inaugure, proximité oblige, une intense vague d’émotion.» – Das Gewicht der Zahlen ist nichts gegen den Schock, den Bilder vermitteln können. Der Gänsesäger stirbt am Fuss des Springbrunnens Jet d’eau, das geht nahe und verursacht eine starke Welle von Emotionen.

Die Südostschweiz sieht das viel nüchterner: «Nun hat die Vogelgrippe auch die Insel der Glückseligen erreicht. Die Schweiz gehört eben nach wie vor zum Planeten Erde.» Ausnahmen gebe es keine, «Viren nehmen keine Rücksicht auf Staaten, die üblicherweise fürs Rosinenpicken berüchtigt sind…»

Von der Biene Maya zu Donald Duck

Unter anderem hatte ja auch die Biene Maya ihren Virus, meint die Freiburger La Liberté. «Aujourd’hui, c’est Donald le canard qu’on regarde de travers. Alors courage, Donald, serre les fesses, ton virus aussi, on va finir par vivre avec…» Heute ist es Donald, die Ente, die im Rampenlicht steht. Also Mut Donald, nimm dich zusammen, auch mit deinem Virus wird man schlussendlich leben…»

Auch der Berner Bund sieht keinen Grund zur Panik: «So ernst die Lage für die Tiere ist – der Mensch ist nach wie vor nicht gefährdet. » Gefährlich werde es nur, falls das Virus von Mensch zu Mensch übertragbar werde.

«Das kann schon morgen irgendwo auf der Welt geschehen – aber auch erst in drei oder in zwanzig Jahren.»

Gewohnheiten überdenken und ändern

In den meisten Tageszeitungen wird darüber informiert, wie sich die Menschen draussen in der Natur verhalten sollten. Im St. Galler Tagblatt erteilt der Kantonstierarzt Auskunft und beruhigt, dass Spaziergänge am See oder in der Natur ohne Weiteres möglich seien.

«Man sollte jedoch keine toten oder kranken Vögel mit blossen Händen berühren und den Fund dem Kantonstierarzt melden.»

«Wer beim Anblick einer Stockente in Zukunft ein leichtes Kratzen im Hals verspürt, hat noch lange keine Vogelgrippe,» meint auch der Zürcher Tages-Anzeiger. Aber um dem Erreger aus der Vogelwelt Einhalt zu gebieten, müssten nicht nur Menschen in Asien ihr Verhalten ändern, sondern auch hier in Europa.

«Endlich Schluss machen mit alten Gewohnheiten, sprich keine Enten mehr füttern, weil sich dadurch die Tiere um einen einzigen Platz scharen und ein infizierter Wasservogel das Virus leicht weitergeben kann,» belehrt der Tagi.

Mit der Bedrohung leben lernen

«Wir werden lernen müssen, mit dieser neuen Bedrohung umzugehen», schreibt der Blick. Das Virus und die Wege seiner Übertragung schienen verschlungener, als sich das die Experten erklären können.

Über die Vogelgrippe sei in den letzten Monaten viel diskutiert und gestritten worden, meint die Aargauer Zeitung. Widersprüchlichkeiten hätten zur Verunsicherung geführt. «Experten, Behörden, Politiker oder Medien, welche sie (mit)verursacht haben, stehen jetzt in einer besonderen Verantwortung.» Und so fordert der Kommentator: «Das Krisen- muss in den nächsten Tagen und Wochen vor allem auch ein Kommunikationsmangement sein.»

Denn dass sich ein im Menschen mutiertes H5N1-Virus wie ein «normaler» Grippeerreger verbreitet und halbe Nationen dahinrafft, «ist ein Worst-case-Szenario, das Virologen und Mediziner durchspielen müssen», meint die Südostschweiz.

«Als Thema für den Mittagstisch und fürs Kaffeekränzchen taugt sie aber nicht, weil sie unnötig Angst verbreitet.» Der Kommentator des Bündner Blattes rät,
abzuwarten und Tee trinken. Denn: «Fürchten kann man sich auch später noch.»

Internationale Kooperation

Der Tages-Anzeiger moniert auch die Versuche einiger europäischer Gesundheitsminister der Europäischen Union, die sich mit goldbraunen Pouletschenken in der Hand in Szene setzten und «herzhaft ins gegarte unbedenkliche, virenfreie Fleisch beissen, um so den Konsum des verschmähten Poulets nicht noch mehr einbrechen zu lassen».

«Denn statt für das jeweilige Land den Vorkoster vor der Kamera zu spielen, ist vor allem der Blick über den eigenen Tellerrand gefragt. Eine internationale Kooperation ist nötig. Denn die Seuche geht uns alle an.»

swissinfo, Etienne Strebel

Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist seit Jahrzehnten bekannt. Die erste Übertragung des Virus auf einen Menschen wurde 1997 in Hongkong registriert.

In den Jahren darauf breitet sich das Virus auf rund ein Dutzend weitere Staaten in Asien aus.

2005 tauchte das Virus in der Türkei, in Rumänien und Kroatien auf. Anfang Februar wurde das Virus erstmals auch aus Afrika gemeldet.

In den letzten Tagen wurde das Virus schliesslich auch in toten Vögeln in sechs europäischen Ländern nachgewiesen, darunter in Frankreich, Italien, Deutschland und Österreich.

Für Schweizer Geflügel gilt seit dem 20. Februar die Stallpflicht, aber die Tiere werden im Gegensatz zu denjenigen in Frankreich und den Niederlanden nicht geimpft.

Am Sonntag (26. Februar) sind in der Schweiz sowohl am Genfersee wie auch am Bodensee die ersten Schutz- und Überwachungszonen im Kampf gegen die weitere Ausbreitung der Vogelgrippe eingerichtet worden.

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