Volles Aufgabenheft für Ottmar Hitzfeld
Das 0:0 im Testspiel gegen Weltmeister Italien vom Mittwochabend schmeichelt der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. Wollen die Spieler Ottmar Hitzfelds die Fahrkarte an die WM in Südafrika sichern, muss sich die Abwehr steigern.
Ein Remis gegen den amtierenden Weltmeister ist im Fussball eine ziemlich grosse Ehre. Obwohl die Schweizer Spieler am Mittwochabend im Basler St. Jakobspark den Italienern ein 0:0 abtrotzten, können sich aber Alex Frei, Tranquillo Barnetta & Co. alles andere als zurücklehnen.
Hätte nicht Diego Benaglio im Tor eine Weltklasseleistung gezeigt, wäre der Mannschaft von Trainer Ottmar Hitzfeld wohl eine demoralisierende 0:4-Packung oder noch schlimmer nicht erspart geblieben.
Schlecht gespielt und viel Glück gehabt, lautete das Fazit des Deutschen nach dem Abpfiff. Es ist aber nicht die Art des Startrainers, seine Spieler in der Öffentlichkeit zu kritisieren.
Hochrisikofaktor Abwehr
Aufgrund der gezeigten Leistung wissen die Akteure selber am besten, wo es noch viel zu tun gibt im Hinblick auf die zweite und entscheidende Phase der WM-Qualifikation, die in gut zwei Wochen beginnt: In der Abwehr unmittelbar vor dem überragenden Schlussmann Benaglio.
Vor allem in der ersten Halbzeit waren Nati-Rückkehrer Philipp Degen und Ludovic Magnin in der Aussenabwehr sowie Philippe Sendros und Stephane Grichting vor dem Tor heillos überfordert. Angesichts des tempo- und trickreichen Angriffswirbels der Azzurri wirkte insbesondere das Innenverteidiger-Paar hüftsteif und beging zahlreiche Fehler.
Drei «Big Points»
Die finale Phase der WM-Qualifikationskampagne beginnt am 5. September mit einem Paukenschlag, denn die Partie gegen Ex-Europameister Griechenland in Basel könnte bereits eine Vorentscheidung bringen.
Nach der sechsten Qualifikations-Runde liegen Griechenland und die Schweiz mit 13 Punkten gleichauf an der Spitze der Gruppe. Dahinter lauern die Letten mit 10 und Israel mit 9 Zählern.
Gewinnt die Schweiz in Basel, wären die drei Zähler so etwas wie die Vorreservation für das Flugticket ans Kap. Die drei Punkte wären auch deshalb besonders wertvoll, weil sie aus Kampf gegen den direkten Konkurrenten stammten.
Personalnot hinten,…
Coach Hitzfeld steht vor einer grossen Herausforderung, wie sie ihm die Schweizer Nati gewiss nicht zum letzten Mal beschert: Ihm bleiben knapp drei Wochen Zeit, um den zerzausten Haufen der Schweizer Abwehr in ein sattelfestes Abwehrbollwerk zu verfestigen.
Remedur von Aussen ist nur bedingt zu erwarten: Stammverteidiger Stephan Lichtsteiner wird auch gegen die Griechen noch gesperrt sein. Und der Einsatz Johan Djourous ist ungewiss, da er an Knieproblemen laboriert.
Die Abwehrspieler müssen schneller und agiler werden. Damit würden sie einerseits im Ernstkampf nicht mehr den berühmten Schritt hinterher hinken wie gegen den Gegner vom Mittwoch.
… Stürmerüberfluss vorn
Andererseits würde die Verteidigung im besten Fall wieder zum verlässlichen Abwehrzentrum, das Sicherheit ausstrahlt und dem offensiven Mittelfeld um Gökhan Inler und Tranquillo Barnetta wertvolle Impulse verleiht.
Aus dem vollen schöpfen kann der Trainer dagegen im Mittelfeld und vor allem im Sturm. Dort scheint das Hitzfeld-Team mit den Gesetzten Frei und Kufo sowie den drängenden Derdiyok, Streller und Yakin so gut sortiert wie seit Jahren nicht mehr.
Steigerungspotenzial ist aber auch hier noch vorhanden. Ob sich die Platzherren die Vergabe hochkarätiger Torchancen gegen die defensiv zu erwartenden Griechen leisten können, ist zu bezweifeln.
Barnetta setzte in der ersten Hälfte einen satten Schuss ans Lattenkreuz von Buffons Gehäuse. Und kurz vor Schluss scheiterte Derdiyok am reflexartig reagierenden italienischen Schlussmann. Aber ehrlich: Ein Sieg der Rot-Weissen gegen den Weltmeister wäre an diesem Abend in Basel schlicht und einfach unverdient gewesen.
Renat Künzi, swissinfo.ch
5.9.: Schweiz-Griechenland
9.9.: Lettland-Schweiz
10.10.: Luxemburg-Schweiz
14.10.: Schweiz-Israel
Sechste Runde der WM-Qualifikation:
Schweiz – Moldawien 2:0
Lettland – Luxemburg 2:0
Griechenland – Israel 2:1
Rangliste (je 6 Spiele):
1. Griechenland: 13 (Punkte); 12:4 (Torverhältnis)
2. Schweiz: 13; 11:6
3. Lettland: 10; 10:6
4. Israel: 9; 10:7
5. Luxemburg: 4; 3:13
6. Moldawien: 1; 2:9
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