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Die Legislative ist ein Miliz-Parlament

Keystone

Das Schweizer Parlament ist der Ort, wo die wichtigsten Entscheide fallen. Der "höchste Schweizer" sitzt folglich nicht in der Regierung, sondern im Parlament.

Seit 1848 bilden National- und Ständerat die beiden Kammern der eidgenössischen Legislative. In beiden Räten sitzen Milizparlamentarier, keine Profis.

Die Vermutung liegt auf der Hand – aber sie trifft nicht zu. Die beiden Kammern der eidgenössischen Legislative wurden 1848 nicht direkt nach dem nordamerikanischen Vorbild geschaffen. Vielmehr waren sie «das Ergebnis langwieriger Verhandlungen».

Mit dem proportional zur Bevölkerung der einzelnen Kantone bestellten Nationalrat sollte dem Anspruch der repräsentativen Demokratie Genüge getan werden, der Ständerat war die Fortsetzung der Tagsatzung mit ihrer traditionellen Doppelvertretung der Kantone. Halbkantone sind damals wie heute mit nur einem Mitglied im Ständerat vertreten.

Der Rat wächst

Erstmals gewählt wurden die beiden Kammern im Oktober 1848. Damals umfasste der Nationalrat 111 Sitze. Mit dem Bevölkerungswachstum kamen im Laufe der Zeit zusätzliche Sitze dazu, bis 1962 die Anzahl bei 200 fixiert wurde. Die Grösse der kleinen Kammer änderte sich lediglich einmal in ihrer bisherigen Geschichte: Mit der Gründung des Kantons Jura 1978 kamen zwei zusätzliche Sitze dazu. Seither nehmen 46 Kantonsvertreter im Ständerat Einsitz.

Geändert haben sich im Wandel der Zeit auch die Wahlverfahren für die beiden Parlamentskammern. Während der Nationalrat bis 1917 nach dem Majorz-Prinzip und seit 1919 im Proporzverfahren in einer Volkswahl gewählt wird, bestimmten beim Ständerat die Kantonsparlamente, wer sie in Bern vertreten soll. Erst 1977 ging auch der letzte Kanton zur Volkswahl ihrer Standesvertreter über.

Heute beträgt die Amtsdauer in beiden Kammern vier Jahre. Jeweils für ein Jahr wählen die beiden Kammern ihren Präsidenten. Dieser leitet die Sitzungen und fällt bei Stimmgleichheit den Stichentscheid. Der Nationalratspräsident ist zugleich auch Vorsitzender der Vereinigten Bundesversammlung.

Wegen dieser beiden Funktionen gilt der Nationalratspräsident im Volksmund als der «höchste Schweizer», obwohl er in der offiziellen protokollarischen Rangfolge erst auf dem vierten Platz folgt.

Die beiden Räte treten jeweils vier Mal pro Jahr für drei Wochen zusammen – zu jeder Jahreszeit einmal.

Ein Gesetz entsteht

Die Legislative ist – wie es der Name sagt – für die Gesetzgebung zuständig. Und zwar für all jene Bereiche, für die der Bund und nicht die Kantone oder Gemeinden zuständig sind. Mit dem ersten Entwurf zu einem neuen Gesetz hat das Parlament in der Regel noch nichts zu sagen. Erst nachdem das zuständige Departement (=Ministerium) den Entwurf ausgearbeitet und dem Bundesrat weitergereicht hat, ist die Meinung des Parlaments gefragt.

Bevor das Plenum die Beratung aufnimmt, behandelt die für den entsprechenden Sachbereich zuständige Kommission den Gesetzesentwurf. Die Kommission ist im Prinzip ein «Mini-Parlament». Hier sind Vertreter aller Parteien entsprechend ihrer Stärke im jeweiligen Rat vertreten. Aufgabe der Kommissionen ist es, zu umstrittenen Fragen Kompromissvorschläge zu suchen.

Welche der beiden Kammern zuerst das Gesetz berät, entscheiden die beiden Ratspräsidenten. Kommt die Vorlage dann ins Ratsplenum zur Behandlung, entscheiden die Volks- oder Kantonsvertreter zuerst einmal, ob überhaupt darauf eingetreten werden soll. Ist dies nicht der Fall, muss der Bundesrat noch einmal über die Bücher und eine neue Vorlage ausarbeiten.

Suche nach Kompromiss

Ansonsten gelangt der Gesetzesentwurf zur endgültigen Bereinigung ins Parlament, wo über das Inkrafttreten entschieden wird. Anders als in Deutschland und Österreich sind die beiden Parlamentskammern in der Schweiz gleichberechtigt. Ein Beschluss gilt erst dann als gefasst, wenn sowohl National- als auch Ständerat zugestimmt haben. Widersprechen sich die Kammern, kommt es zu einem so genannten Differenzbereinigungsverfahren.

Den Parlamentariern stehen verschiedene Initiativrechte zur Verfügung. Mittels Motion und Postulat können sie dem Bundesrat Aufträge erteilen. Soll der Rat gesetzgeberisch tätig werden, kann das einzelne Mitglied (oder eine Fraktion, aber auch eine Kommission) eine parlamentarische Initiative einreichen. Zu solchen Gesetzesvorlagen hat der Bundesrat nichts zu sagen.

Seit jeher bürgerliche Mehrheit

Sowohl im National- als auch im Ständerat gehört die Mehrheit der Parlamentarier seit jeher bürgerlichen Parteien an. Dominierte anfänglich der Freisinn, wurden im Laufe der Zeit – ähnlich der Entwicklung im Bundesrat – zuerst katholisch-konservative Parteigänger und um 1890 die ersten Vertreter der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei in die Räte gewählt. Ebenfalls 1890 stellte die zwei Jahre zuvor gegründete Sozialdemokratische Partei erstmals einen Nationalrat.

Die eidgenössischen Räte sind ein Milizparlament. Die meisten Ratsmitglieder üben in der Zeit ausserhalb der Parlaments-Sessionen einen Beruf aus.

swissinfo.ch

Das Parlament der schweizerischen Eidgenossenschaft besteht aus zwei Kammern, dem Nationalrat und dem Ständerat.

Die Mitglieder von National- und Ständerat sind Milizparlamentarier, also Amateure und keine Berufspolitiker.

Der Nationalrat ist die Volksvertretung, der Ständerat die Vertretung der Kantone. Beide Kammern werden alle vier Jahre von den Schweizer Bürgerinnen und Bürgern gewählt.

Der Nationalrat zählt 200 Mitglieder. Entsprechend der Bevölkerungsgrösse haben die Kantone Anrecht auf eine bestimmte Anzahl Sitze.

Im Ständerat sitzen 46 Abgeordnete. Jeder Kanton stellt zwei Räte, die sechs Halbkantone je einen.

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