Separatisten drohen im Jura mit Rückfall in unruhige Zeiten
Am jurassischen Volksfest in Delémont dominierte nicht Freude, sondern Frust und Enttäuschung. Der Grund: Vor zehn Tagen hat das Verwaltungsgericht des Kantons Bern eine Abstimmung von 2017 für ungültig erklärt. Damals hatten die Bewohner der bernischen Stadt Moutier Ja zum Wechsel zum Kanton Jura gesagt.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
3 Minuten
Andreas Stüdli, SRF News
Русский
ru
Кантон Юра: сепаратисты грозят возвращением «беспокойных времен»
Es ist ein Fest mit Geschichte. Seit 72 Jahren gibt es die Fête du peuple jurassien – das Volksfest der Separatisten in Delémont, dem Hauptort des Kantons Jura.
Doch dieses Jahr war es kein Fest wie jedes Jahr. Denn vor zehn Tagen hat das bernische Verwaltungsgericht jene Abstimmung annulliert, bei der sich die bernische Gemeinde Moutier dem Kanton Jura anschliessen wollte.
Zwei Jahre nach dem vermeintlichen Sieg bei der Gemeindeabstimmung von 2017 ist der Jubel verflogen. Wut und Frustration machen sich breit – gegenüber Bern, aber vor allem auch gegenüber dem Bund. Moutier soll nie mehr zum Kanton Bern gehören – die berühmt-berüchtigte Separatisten-Truppe Béliers singt es aus voller Kehle beim Einmarsch in das grosse Festzelt im Hof des Schlosses von Delémont.
Externer Inhalt
Wo im Jura gefeiert wird, gehören die Béliers immer noch zum Standardprogramm. Moutier ist allgegenwärtig am Fest in Delémont – auch an der traditionnellen Pressekonferenz des Mouvement Autonomiste Jurassien, der jurassischen Unabhängigkeitsbewegung.
Die Rede fiel noch etwas härter aus als sonst, vor allem gegenüber dem Bund. Denn der hatte die historische Abstimmung begleitet, die nun wegen Unregelmässigkeiten für ungültig erklärt wurde. Das gehe nicht, sagt Pierre-André Comte, Generalsekretär des Mouvement Autonomiste, Jurassien. «Der Bund spielt den Beobachter bei Abstimmungen in Afrika und Asien. Aber ausgerechnet in Moutier klappt das nicht. Das ist inakzeptabel.»
Neue Abstimmung oder Gang vor Bundesgericht?
Aber wie weiter? Ein Rekurs vor Bundesgericht oder gleich eine neue Abstimmung einfordern? Darüber tagte das Mouvement Autonomiste Jurassien am Wochenende und entschied, nichts zu sagen. Die Bevölkerung von Moutier soll entscheiden. Dort ist am kommenden Donnerstagabend eine Versammlung geplant. Dann sollen die Einwohner von Moutier sagen, was sie wollen.
Die Separatisten taktieren also. Und die Béliers warnen – wie so viele in Delémont – den Bund. Wenn nun nicht eine erneute Abstimmung folge, dann drohten Unruhen wie früher in der Geschichte der Jura-Frage. «Wenn wir keine demokratische Lösung haben, dann drohen wieder Unruhen. Die Leute sind wirklich wütend», sagt Béliers-Sprecher Jonathan Gosteli.
Am Fest in Delémont sind viele wütend und enttäuscht. Viele erhoffen sich von einer neuen Abstimmung mehr als von einem Rekurs vor Bundesgericht. Die Jura-Frage flammt also wieder auf, die Unabhängigkeitskämpfer stehen vor schweren Entscheidungen und machen nach der Niederlage vor allem Druck auf den Bund.
Ihr Abonnement konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Fast fertig... Wir müssen Ihre E-Mail-Adresse bestätigen. Um den Anmeldeprozess zu beenden, klicken Sie bitte den Link in der E-Mail an, die wir Ihnen geschickt haben.
Sollte die Schweizer Wirtschaft die globalen Grenzen respektieren, wie es die Umweltverantwortungs-Initiative fordert? Oder würde dies dem Wohlstand des Landes schaden?
Am 9. Februar stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über die von den Jungen Grünen lancierte Umweltverantwortungs-Initiative ab.
Welchen Einfluss hatten die jüngsten politischen oder wirtschaftlichen Ereignisse auf Ihr Vertrauen in die Schweizer Regierung?
Die Schweiz, die im Ausland normalerweise für das hohe Vertrauen in ihre Behörden bekannt ist, befindet sich in einer Vertrauenskrise. Wie erklären Sie dies?
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
Abstimmungs-Annullierung «peinlich für die Demokratie Schweiz»
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Berner Kleinstadt Moutier darf vorerst nicht zum Kanton Jura wechseln. Die Schweizer Presse sieht den Jurakonflikt wieder aufflammen.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Wegen Behördenpropaganda ist die Abstimmung über den Wechsel der Berner Kleinstadt Moutier zum Kanton Jura für ungültig erklärt worden.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Moutier wechselt zum Kanton Jura. Damit scheint die letzte Schlacht des Jura-Konflikts geschlagen. Bern lässt das Städtchen ziehen.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Am 18. Juni entscheiden die Stimmberechtigten Moutiers, ob die Gemeinde beim Kanton Bern bleiben oder sich dem Kanton Jura anschliessen soll.
Moutier: Abstimmung zur Jurafrage unter strenger Überwachung
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Der Jurakonflikt, das ist eine Geschichte voller Spannungen über Aufteilung und Zugehörigkeit einer hügeligen Region, die sich von der französischen Grenze bei Belfort bis zur Stadt Biel, dem Scharnier zur Deutschschweiz, erstreckt. Die Spannungen führten dazu, dass sich der katholische «Norden» vom protestantischen «Süden» löste, um den neuen Kanton Jura zu gründen. Der Konflikt prägte…
Der Jura-Konflikt enthielt alle Zutaten für einen Schweizer Bürgerkrieg
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Eine Grenze entlang Sprache, Religion, Gesellschaft und Stadt-Land: Der Jurakonflikt enthielt ein hoch explosives Gemisch.
Für eine Abstimmung den Wohnsitz wechseln – das gibts
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Angeblich haben Dutzende Personen ihren Wohnsitz für die Abstimmung zur Jurafrage kurzzeitig nach Moutier verlegt.
«Für eine friedliche Lösung braucht es eine Generation»
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Es wird mindestens eine Generation dauern, bis der demokratische Scherbenhaufen in Spanien überwunden ist, sagt der Schweizer Politologe Wolf Linder.
«Brexit-Abstimmung war nicht direkte Demokratie, sondern Unfug»
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Ex-Bundesrat Kaspar Villiger hat ein Buch über Demokratie geschrieben. Darin erklärt er den Erfolg des Schweizer Politsystems.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
«Ich weiss nicht, ob die Jurafrage dieses Mal definitiv gelöst wird. Aber mit Sicherheit war der politische Prozess, der zu diesem Votum geführt hat, vorbildlich», meint alt Ständerat Dick Marty, Präsident der Interjurassischen Versammlung. «Er hat ermöglicht, eine Kultur des Dialogs zu leben und miteinander zu sprechen. Er hat zu einem neuen Verhältnis zwischen zwei…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Das Verhältnis zum Kanton Bern bleibt aber angespannt. Das Resultat der Volksabstimmung vor 25 Jahren war deutlich: 82,3 Prozent der Stimmenden und alle 25 Kantone – samt Bern – anerkannten den neuen Kanton. Drei Monate später, am 1. Januar 1979, trat die jurassische Verfassung in Kraft. Minderheit in vieler Hinsicht Der Weg zum eigenen Kanton…
SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft
×
Ihr Abonnement konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Fast fertig... Wir müssen Ihre E-Mail-Adresse bestätigen. Um den Anmeldeprozess zu beenden, klicken Sie bitte den Link in der E-Mail an, die wir Ihnen geschickt haben.
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch