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Parlament und Regierung für den Atomausstieg

Definitiv ein Auslaufmodell: Reaktoren wie hier in Beznau. Keystone

Am langfristigen Ausstieg aus der Atomenergie wird nicht gerüttelt. Zumindest nicht grundsätzlich und nicht jetzt. – In diesem Sinn hat nach dem National- auch der Ständerat dem Ausstieg zugestimmt. Wie die Schweiz Energiewende schaffen will, bleibt unklar.

In drei Wochen wählt die Schweiz ein neues Parlament. Das hat dazu geführt, dass die Debatte im Ständerat – wo normalerweise auch wichtige, komplexe und umstrittene Themen kurz und sachlich diskutiert werden – sich über mehrere Stunden hinzog und parteipolitisch geprägt war.

«Wir unterliegen vor den Wahlen alle einer Profilierungsneurose», sagte der Tessiner CVP-Ständerat Filippo Lombardi.

Der Ausstieg aus der Atomenergie ist eine Frage von immenser Tragweite. Im Kern diskutierte der Ständerat jedoch über eine Motion. Diese will zwar den Ausstieg, hat aber noch einen langen und möglicherweise kurvenreichen Weg vor sich.

«Was wir hier verabschieden, wird nicht die letzte Version sein, über die wir uns unterhalten werden», sagte SVP-Ständerat This Jenny mit Blick auf kommende Parlaments-Debatten.

Verwässerung ist möglich

Zurzeit steht fest, dass es in den unzähligen offenen energiepolitischen Fragen keinen politischen Konsens gibt, dass keine neuen Kernkraftwerke mehr gebaut werden und die bestehenden nach Ablauf der Betriebsbewilligung vom Netz genommen werden.

Der nächste Meilenstein steht an, wenn der Bundesrat die entsprechende Änderung des Atomenergie-Gesetzes vorlegen wird. Dann muss das Parlament den Ausstieg bestätigen und dessen Schritte konkretisieren. Theoretisch kann es auch den aktuellen Grundsatzentscheid umstossen oder zumindest verwässern.

Feilschen um Hintertüre

In der Atomfrage spalten sich die politischen Lager seit Jahrzehnten. Das zeigte sich auch in der Ständeratsdebatte. Die Mehrheit der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) und des Freisinns wollten an der Atomtechnologie festhalten. Sie sprachen von einem «überstützten Entscheid». Grüne und Linke verlangen den Ausstieg seit Jahrzehnten, die Christlichdemokraten (CVP) waren im Vorfeld der Debatte gespalten.

Zentrale Frage in den Diskussionen und im Feilschen um eine mehrheitsfähige Lösung der vergangenen Wochen war die Frage, ob ein Bewilligungsverbot lediglich für Generatoren der «aktuellen Generation» oder für sämtliche Atomtechnologien gelten soll.

In letzter Minute sprach sich die vorberatende Kommission dafür aus, alle Atomtechnologien in den Ausstieg einzuschliessen und fügte einen Abschnitt hinzu, der die Atomforschung weiterhin zulässt und ein Technologieverbot ebenso ausdrücklich ausschliesst. Damit war es der CVP-Parteispitze gelungen, ihre Ständeherren geschlossen hinter den Ausstieg zu bringen.

Weg ist «ambitiös und schwierig»

Auch ohne diesen Absatz habe die Motion weder ein Forschungsverbot oder ein Denk-Verbot zur Folge, kritisierten Linke und Grüne. FDP-Ständerat und Kernkraft-Befürworter Rolf Schweiger sagte, es wäre falsch, wenn sich die Schweiz nicht alle Optionen für künftige Atom-Technologien – etwa die nach jetzigen Stand der Forschung frühestens in 40 Jahren serienreifen Thorium-Reaktoren – offen halten würde.

Energieministerin Doris Leuthard (CVP) räumte ein, dass der Weg zur Energiewende «ambitiös und schwierig» sei. Er sei jedoch auch ein Chance für das Land und seine Wirtschaft.

«Wenn die Elite des Landes weiterhin alles schlecht redet» – so Leuthard mit Blick auf die neuen erneuerbaren Energien –, «dann leisten Sie diesem Land einen Bärendienst. Noch sind nicht alle Technologien konkurrenzfähig. Das wird sich aber verbessern. Nuklearenergie ist nicht das Zukunftsmodell auch nach Meinung der internationalen Energiebehörde nicht».

Ball beim Nationalrat

Schliesslich stimmte der Ständerat mit grosser Mehrheit dem Ausstieg aus der Atomenergie grundsätzlich zu.

Da der Entscheid von der Version des Nationalrats abweicht, geht das Geschäft nun zurück an diesen. Die Volkskammer kann lediglich der Version des Ständerates ohne jegliche Änderungen zustimmen oder sie müsste die Motion als Ganzes zurückweisen.

Wasserkraft: 55,8%
 
Kernkraft: 39,3%

Andere: 2,9%

Neue erneuerbare Energien
(aus Abfall, Biomasse und Biogas, Sonne, Wind): 2%
 
(Quelle: Bundesamt für Energie)

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