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Wird die Burka in der Schweiz verboten?

Frau mit Niqab
In der Schweiz wird oft die Burka zitiert, obwohl sie in der Schweiz fast nicht existiert. Vielmehr geht meistens eine Niqab gemeint, wie auf diesem Bild. Keystone / Gian Ehrenzeller

Das Schweizer Parlament beschäftigt sich mit der Frage der Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum. Zwar empfiehlt es den Stimmberechtigten, eine Volksinitiative für ein Verhüllungsverbot abzulehnen, aber es will eine neue Rechtsgrundlage schaffen, um Identitätskontrollen besser zu regeln.

Das Schweizer Stimmvolk wird über ein Verbot von Burkas und Niqabs im öffentlichen Raum abstimmen. 2017 wurden die nötigen 100’000 Unterschriften gesammelt, um die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot»Externer Link an die Urne zu bringen. Nun ist das Parlament daran, den Initiativtext zu prüfen, wie auch einen von der Landesregierung (Bundesrat) ausgearbeiteten indirekten GegenvorschlagExterner Link.

Was ist neu?

  • 12. Dezember 2019: Der Nationalrat (grosse Parlamentskammer) äussert sich noch nicht zur Initiative, unterstützt aber den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats, der vorsieht, dass Einzelpersonen gezwungen werden können, bei Identitätsprüfungen ihr Gesicht zu zeigen.
  • 26. September 2019: Der Ständerat (kleine Parlamentskammer) empfiehlt den Stimmberechtigten, die Antiburka-Initiative abzulehnen. Er unterstützt den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats.
  • 23. September 2018: Der Kanton St. Gallen wird nach dem Tessin der zweite Schweizer Kanton, in dem das Tragen einer Burka im öffentlichen Raum verboten wird. Im Kanton Glarus wurde im Jahr zuvor eine entsprechende Vorlage abgelehnt.

Seit das Schweizer Stimmvolk 2009 den Bau neuer Minarette verboten hat, sprechen konservative und nationalistische Parteien regelmässig die Idee eines Verbots des Tragens von Burkas und Niqabs an.

2013 wurde im Kanton Tessin als erstem Schweizer Kanton die Verschleierung des Gesichts im öffentlichen Raum unter Strafe gestellt, inspiriert durch das seit 2010 in Frankreich geltende Verbot.

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Das Egerkinger KomiteeExterner Link, das hinter der Minarett-Initiative stand, lancierte 2016 die Volksinitiative für ein Verbot der Verhüllung des Gesichts in der ganzen Schweiz.

Die Initiantinnen und Initianten sind der Meinung, dass in einem freien Land wie der Schweiz niemand gezwungen werden sollte, sich hinter einem Schleier zu verstecken. «Freiwillige oder aufgezwungene Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum steht in Konflikt mit freiheitlichem Zusammenleben in einer freien Gesellschaft», schreiben sieExterner Link. Sie richten sich explizit an Mitglieder der muslimischen Gemeinschaft, die Burka und Niqab tragen, behaupten aber, dass auch «Vandalen» von einem Verbot betroffen wären.

Es gibt keine Statistik darüber, aber die Anzahl vollständig verhüllter Frauen in der Schweiz ist sehr gering. In einer Antwort auf eine InterpellationExterner Link teilte die Regierung 2010 mit, dass es durch Übertragung der französischen Schätzungen möglich sei, ihre Zahl auf 95 bis 130 im ganzen Land zu schätzen.

«Die effektive Zahl dürfte jedoch erheblich tiefer liegen, da die Musliminnen in der Schweiz zu über 75 Prozent aus Ländern stammen, in denen die vollständige Verschleierung völlig unüblich oder nur wenig verbreitet ist», schrieb die Regierung.

Mit Niqab verschleierte Frauen, die sich in der Schweiz im öffentlichen Raum aufhalten, sind sehr oft Touristinnen aus Golfstaaten, die zunehmend Genf, Interlaken oder das Berner Oberland besuchen.

Mit einer Änderung der BundesverfassungExterner Link soll erreicht werden, dass niemand mehr sein Gesicht im öffentlichen Raum verhüllen darf. Für religiöse Stätten soll das Verbot nicht gelten. Zudem präzisiert der Initiativtext: «Niemand darf eine Person zwingen, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen.» Ausnahmen aus Gründen der Gesundheit, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen und des einheimischen Brauchtums sollen erlaubt sein.

Drei Bilder, die den Unterschied zwischen Burka, Niqab und Hidschab zeigen
Bei der Ganzkörper-Verhüllung, die in der Schweiz oft als Burka bezeichnet wird, handelt es sich meistens um einen Niqab. (Illustration: Kai Reusser) Kai Reusser / swissinfo.ch

Der Prozess braucht Zeit, weil die Regierung entschieden hat, einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten. Sie schlägt die Schaffung eines Gesetzes vor, das Einzelpersonen dazu verpflichtet, das Gesicht zu zeigen, wenn eine Behörde ihre Identität überprüft, etwa bei einer Billettkontrolle in einem Zug.

Das Parlament ist gegenwärtig daran, diesen Gegenvorschlag zu diskutieren und Bestimmungen zur Verbesserung der Stellung der Frauen hinzuzufügen. Eine Volksabstimmung wird kaum vor 2021 stattfinden.

Die Schweizerische Volkspartei (SVP, rechtskonservativ) unterstützt die Initiative offiziell. Sie vertritt die Meinung, das Tragen der Burka widerspiegle fundamentalistische Strömungen des Islams, die mit den demokratischen Werten der Schweiz unvereinbar seien.

Die Regierung und die anderen Parteien lehnen sie ab. Sie halten die Initiative für unnötig angesichts der geringen Zahl betroffener Personen und weil sie in die kantonalen Kompetenzen eingreife und unterdrückte Frauen bestrafe, anstatt ihnen zu helfen.

Einige Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei (SP, links) und der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP.Die Liberalen, rechtsbürgerlich) sind jedoch für ein Verbot, um die Diskriminierung von Frauen zu beenden.

Menschenrechts-OrganisationenExterner Link bekämpfen die Initiative. Sie behaupten, das Begehren verletze die individuellen Freiheiten und ersetze eine Einschränkung gegenüber Frauen durch eine andere. Zudem verletzte sie mehrere Grundrechte, wie die Achtung des Privatlebens oder die Meinungsfreiheit.

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(Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

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