ÜBERBLICK WIRTSCHAFT
Zürich (awp/sda) – Donnerstag, 17. Dezember 2009
FRANKREICH MACHT DRUCK: Die Konten-Daten über französische Kunden der Grossbank HSBC in Genf führen zu einem regelrechten Disput zwischen Frankreich und der Schweiz. Nachdem Finanzminister Hans-Rudolf Merz das neue Doppelbesteuerungsabkommen zur Diskussion stellt, droht Frankreich nun mit einer «Schwarzen Liste». Frankreich könne die Schweiz auf ihre eigene «Schwarze Liste» der Steuerparadiese setzen, wenn die Eidgenossen nicht mit Paris zusammenarbeite, drohte der Vorsitzende des Finanzausschusses in der französischen Nationalversammlung, der sozialistische Abgeordnete Didier Migaud. Finanzminister Merz hatte zuvor angekündigt, das Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich nicht zu ratifzierien respektive diese Protestmassnahme dem Parlament zu beantragen.
SKEPSIS ÜBER ABGELTUNGSSTEUER: Die Raiffeisen-Gruppe fordert einen Marschhalt in der Diskussion um eine Abgeltungssteuer für ausländische Bankkunden. Zuerst müssten die Auswirkungen einer solchen Steuer auf das Bankgeschäft im Inland abgeschätzt werden, sagte Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz. Mit der Einführung einer Kapitalsteuer auf Bankvermögen von Ausländern auf Schweizer Banken würde in Kauf genommen, dass in der Schweiz und im Ausland wohnhafte Bankkunden nicht mehr gleich behandelt würden. Es stelle sich die Frage, ob ein solches duales System möglich wäre und die notwendige Akzeptanz finden würde, sagte Vincenz vor den Medien in Zürich.
BLOCHER WILL LOHNDECKEL: Christoph Blocher will die Managerlöhne bei UBS und Credit Suisse beschränken. Weil die beiden Grossbanken von einer faktischen Staatsgarantie profitierten, dürften die Vergütungen nicht höher sein als bei der grössten Kantonalbank. In einem Interview mit der Zeitung «Blick» plädierte der alt Bundesrat und Unternehmner dafür, auch den Lohn von CS-Chef Brady Dougan auf unter 2 Millionen zu beschränken. Denn gut bezahlt seien Unternehmer, die mit der Firma unter gehen könnten. Eine Firma mit Staatsgarantie dagegen «braucht doch keine Manager mit solchen Löhnen», sagte Blocher.
NEUER BILLET-ANBIETER: Der grösste Schweizer Billettverkäufer Ticketcorner erhält neue Konkurrenz: Der deutsche Billettanbieter Eventim kooperiert mit dem Medienkonzern Ringier und will zum führenden Vertriebskanal für Veranstaltungsbillette in der Schweiz werden. Ringier und Eventim gründen ein neues Unternehmen. An diesem halten die beiden Konzerne je die Hälfte. Firmieren wird es unter dem Namen Eventim. Bereits im Januar soll die neue Billettagentur ihren Betrieb aufnehmen. Der grösste Schweizer Konzertveranstalter Good News, an dem Ringier ebenfalls beteiligt ist, wird die Billette für seine Veranstaltungen künftig exklusiv über Eventim vertreiben.
INTERNATIONALE AUSRICHTUNG: Die Verflechtung der Schweizer Wirtschaft mit dem Ausland ist 2008 robust geblieben. Hohe Verluste der Auslands-Töchter der Schweizer Banken stutzten allerdings die Einkünfte aus den Direktinvestitionen. Mit der einsetzenden Finanzkrise brachen die Kapitalerträge deshalb um 85 Prozent auf 8,1 Mrd. Fr. ein. Wie die Statistik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zeigt, investierte die Schweizer Wirtschaft im Ausland mit 55,4 Mrd. Fr. 18,5 Prozent weniger als 2007. Dafür erhöhte sich der Kapitalbestand aus den Direktinvestitionen um 5,7 Prozent auf 809 Mrd. Franken. Aus dem Ausland floss sehr viel weniger Geld in den Standort Schweiz: Die ausländischen Direktinvestitionen brachen um 91 Prozent auf 5,5 Mrd. Fr. ein.
CS KRITISIERT: Mit rund einer halben Milliarde Dollar zahlt die Credit Suisse in den USA die höchste Busse, die je für Verstösse gegen Sanktionsbestimmungen verhängt wurde. Sie wäre noch viel höher ausgefallen, wenn die Bank bei den Ermittlungen nicht voll kooperiert hätte. US-Justizminister Eric Holder bezeichnete das Verhalten der CS vor den Medien als «schlichtweg erstaunlich». Die CS hatte den Vergleich mit verschiedenen US-Regierungsstellen am Mittwochabend bekanntgegeben. Mit der Zahlung von 536 Mio. Dollar wendet sie die Strafverfolgung ab, die ihr wegen der Missachtung von Sanktionen der USA drohte. Die grosse Mehrheit der nach amerikanischem Recht verbotenen Transaktionen betraf nach Angaben der US-Behörden den Iran. Auch der Sudan, Birma, Kuba und Libyen sind in den Gerichtsakten erwähnt.
STABILE PREISE AUF DEM BAU: Nach dem starken Rückgang im vorangegangenen Halbjahr haben sich die Baupreise zwischen April und Oktober stabilisiert. Sie nahmen laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) leicht um 0,1 Prozent zu. Der Baupreisindex erreichte damit den Stand von 123,1 Punkten (Oktober 1998 = 100). Während die Preise im Hochbau um 0,1 Prozent sanken, stiegen sie im Tiefbau um 0,6 Prozent.
NEUE FREIHANDELSVERTRÄGE: Bundesrätin Doris Leuthard hat zusammen mit ihren Amtskollegen der EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen ein Freinhandels-Abkommen unterschrieben mit Albanien und Serbien. Das Abkommen tritt voraussichtlich in der ersten Hälfte 2010 in Kraft, wie das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EDV) mitteilte. Es regelt unter anderem den Zollabbau auf Industrieprodukten, Meeresprodukten und Fisch. Auch der Handel mit landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukten ist abgedeckt.
TURMBAU ZU BASEL: Roche plant in Basel erneut einen Büroturm: Ein Jahr nach dem Verzicht auf ein spektakuläres erstes Projekt hat der Pharmakonzern ein neues Vorhaben präsentiert. Der 550-Millionen-Bau wird noch höher, die Architekten sind wiederum Herzog & de Meuron. Der geplante «Bau 1» soll das neue Hauptgebäude von Roche am Hauptsitz in Basel werden. Vorgesehen sind 41 Stockwerke, 76’000 Quadratmeter Fläche und eine Höhe von 175 Meter. Zusammenfassen will Roche darin rund 1900 Arbeitsplätze, von denen der Grossteil derzeit aufs Stadtgebiet verteilt ist.
PRESSE DARBT: Die Schweizer Presse leidet weiterhin unter massiv rückläufigen Inserateeinnahmen. Im November lagen diese mit 156,3 Mio. Fr. um 17,0 Prozent unter dem Vorjahreswert, wie die WEMF AG für Werbemedienforschung mitteilte. Bei der Tagespresse beträgt der Rückgang 20,4 Prozent, bei der Sonntagspresse sogar 27,2 Prozent. Überdurchschnittliche Einbussen verzeichnete auch die Fachpresse (-22,7%), während einzig die Spezialpresse leicht zulegen konnte (+0,5%).
INTERSPORT MIT MEHR UMSATZ: Trotz der Fussball-Europameisterschaft im Vorjahr hat der Sportartikelhändler Intersport Schweiz 2008/09 mehr umgesetzt: Der Umsatz stieg im abgelaufenen Geschäftsjahr um 6,8 Prozent auf 263 Mio. Franken. Der Gewinn erhöhte sich um gut ein Fünftel auf 3 Mio. Franken. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) stieg von 2,1 auf 3,6 Mio. Franken. Für das laufende Geschäftsjahr 2009/10 erwartet die Gruppe stabile Ergebnisse.
STRENGERE BANKVORSCHRIFTEN: Verschärfte Kapitalvorschriften sollen die Banken weltweit für die nächsten Krisen wappnen und sie von neuen Eskapaden abhalten. Der Basler Ausschuss der wichtigsten Bankenaufseher legte sein lang erwartetes Paket von neuen Regeln vor. Sie sollen von Ende 2012 an eingeführt werden. Die konkreten Mindestanforderungen werden aber erst Ende 2010 beschlossen, weil erst dann feststeht, ob sie die Institute nicht überfordern. Dass die Banken künftig Kapital von besserer Qualität brauchen und mehr Liquidität für schlechte Zeiten vorhalten müssen, ist aber schon jetzt klar. Top-Banker erwarten dadurch tendenziell sinkende Gewinne für die Branche.
SCHÄUMENDES ERGEBNIS: Die dänische Brauerei Carlsberg, zu dem auch die Marken der Schweizer Feldschlösschen-Gruppe gehören, verdient in diesem Jahr mehr als erwartet – dank russischer Biertrinker. Der operative Gewinn erreicht 9,3 Mrd. Kronen (1,9 Mrd. Franken), wie das Unternehmen mitteilte. Das sind rund 300 Mio. Kronen mehr als bislang erwartet. Das russische Unterhaus, die Duma, hatte im November die Steuern auf Bier um 200 Prozent erhöht, und zwar bereits zum 1. Januar. Deshalb kaufen die Russen nun so viel Bier ein, wie sie bekommen können, und lagern es.