Eigenkapital der Banken: Ex-Aufseher fordert Verdreifachung
Der frühere Direktor Daniel Zuberbühler der Eidgenössischen Bankenkommission fordert im Geldcast eine ungewichtete Eigenkapitalquote von 10% für Grossbanken – und erklärt, warum auch die Liquiditätsanforderungen angepasst werden müssten.
«Die aktuelle Eigenmittelregulierung ist lächerlich tief», sagt Daniel Zuberbühler, ehemaliger Direktor der Eidgenössischen Bankenkomission (heute: Finma), im Geldcast.
Er plädiert für eine signifikante Verschärfung: Mindestens 10% ungewichtetes, hartes Kernkapital soll es sein. Das ist fast dreimal mehr als heute.
Leicht vereinfacht heisst das: Eine Bank mit einer Bilanzsumme von 1500 Milliarden Franken müsste neu 150 Milliarden Franken bereithalten, um Verluste zu absorbieren. Heute reichen rund 50 Milliarden Franken.
Die Folgen der Finanzkrise von 2008
Mit seiner Forderung nach höherem Eigenkapital ist Zuberbühler nicht alleine: Schon früh plädierte beispielsweise Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP Schweiz, für schärfere Eigenkapitalvorschriften.
Dies nachdem der Bundesrat zusammen mit der Schweizerischen Nationalbank, der Finanzmarktaufsicht und den beiden Grossbanken im März innerhalb von nur wenigen Tagen eine teilstaatliche Rettung der CS aufgleisen musste.
«Das war alles sehr improvisiert», sagt Zuberbühler – gerade auch im Vergleich zur UBS-Rettung von 2008. Damals leitete Zuberbühler die Vorgängerorganisation der Finma. Er und sein Team hatten damals schon Monate vor dem drohenden UBS-Kollaps einen Notfallplan geschmiedet.
Mit Kritik an der aktuellen Finma-Führung rund um Präsidentin Marlen Amstad und Direktor Urban Angehrn hält sich Zuberbühler aber zurück.
Er sieht die Schuld am Untergang der CS vor allem beim Management und beim «passiven» Verwaltungsrat: «Bei der CS hat nach der Finanzkrise von 2008 kein Umdenken stattgefunden.» Sie habe unter dem amerikanischen CEO und Investment-Banker Brady Dougan das risikoreiche Geschäft nicht in ähnlichem Ausmass zurückgefahren wie die UBS. «Am Schluss hatte die CS ein Kulturproblem.»
Der Staat spricht Milliardenbeträge und erlässt Notrecht
Im März haben die Schweizer Behörden schliesslich die Reissleine gezogen. Dabei haben sie die Grenzen des Machbaren verschoben: Zum einen sind der Bund und die Nationalbank mit bis zu 259 Milliarden Franken ins Risiko gegangen. Das ist rund ein Drittel des Schweizer Bruttoinlandprodukts. Davon sind 250 Milliarden Franken reine Liquiditätshilfen in Form von rückzahlbaren Krediten.
Die restlichen neun Milliarden Franken sind eine Verlustgarantie an die UBS: Macht die Bank auf einem speziell bezeichneten Teil der CS-Anlagen einen Verlust von über fünf Milliarden Franken, steht der Bund dafür gerade.
Zum anderen sind die Bedingungen der Liquiditätshilfen ausserordentlich: Üblicherweise vergibt die Nationalbank solche Gelder nämlich nur gegen Sicherheiten. Das heisst: Wenn alles normal läuft, hinterlegen die Banken eigene Wertpapiere bei der Nationalbank, wenn sie Geld bei ihr beziehen.
Dieses Mal ist das anders: Auf Basis von Notrecht gewährt die Nationalbank der UBS und der Credit Suisse bis zu 200 Milliarden Franken an Liquiditätshilfe ohne dafür Sicherheiten von den Banken zu erhalten. Dabei wird das Risiko hälftig zwischen dem Bund und der Nationalbank aufgeteilt: Auf den einen 100 Milliarden Franken würde der Bund für Verluste aufkommen. Bei den anderen 100 Milliarden Franken geht die SNB ins Risiko.
Beschneidet das nicht die Unabhängigkeit der Nationalbank? Zuberbühler relativiert: «Es ging darum, einen Finanzkollaps zu verhindern.» Da habe die Zentralbank auch eine gewisse Verantwortung: Sie hätte zur Begrenzung der staatlichen Garantien eigene Risiken eingehen müssen. «Die Unabhängigkeit wurde schon etwas geritzt.»
Nötig wurde das, weil der Credit Suisse im März das Geld ausging. Dass die Finma nur Tage vor dem Kollaps noch gesagt hat, dass mit der Liquidität alles in Ordnung sei, zeigt gemäss Zuberbühler: «Auch die Liquiditätsregulierungen sind viel zu lasch, weil sie nicht auf einen digitalen Bank-Run ausgerichtet sind.»
Geheimtreffen beim Vizepräsidenten der SNB zu Hause
Zuberbühler spricht im Geldcast aber nicht nur über die Credit Suisse, sondern auch über die Finanzkrise von 2008. Er war damals unmittelbar beteiligt an der UBS-Rettung. «Da haben wir uns auch mal spät abends oder an einem Wochenenden getroffen – einmal sogar beim damaligen SNB-Vizepräsidenten Philipp Hildebrand zu Hause.»
Das sei alles sehr diskret abgelaufen, so Zuberbühler. Wie genau, erfahren Sie im neuesten Geldcast:
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