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Ethos-Stiftung macht Dampf beim Klimaschutz

Zementmischer vor Fabrik
Bei der Zementherstellung wird überdurchschnittlich viel Kohlendioxid ausgestossen. Keystone / Eckehard Schulz

In der Schweiz hat fast jeder Arbeitnehmer eine Pensionskasse zur Altersvorsorge. Die meisten dieser Kassen investieren kräftig in Unternehmen, die den Klimawandel befeuern. Die Anlagestiftung Ethos, die über 220 Pensionskassen zusammenschliesst, fordert nun von den Unternehmen konkrete Schritte für den Klimaschutz. Bisher kämpfte sie vor allem gegen Lohnexzesse des Managements.

Das im Jahr 2015 abgeschlossene Pariser Klimaabkommen verlangt, dass Finanzflüsse klimaverträglich ausgerichtet werden. Auf europäischer Ebene ist zurzeit einiges in Bewegung: So hat die Europäische Investitionsbank (EIB) letztes Jahr klar gemacht, dass sie komplett aus der Finanzierung von Kohle, Erdöl und Erdgas aussteigen will. Im Januar gab auch die Französische Zentralbank (Banque de France) bekannt, dass sie ab 2024 Unternehmen mit mehr als 10 Prozent Umsatz aus Öl beziehungsweise 50 Prozent aus Gas aus ihrem Anlageuniversum ausschliessen wird.

In der Schweiz tut sich diesbezüglich noch wenig. Verglichen mit andern europäischen Zentralbanken hinkt die Schweizerische Nationalbank dieser Entwicklung hinterher. Diese hat im Dezember nur ein Minischrittchen angekündigt, nämlich den Rückzug aus reinen Kohleunternehmen. Schon etwas weiter sind einige Vorsorgeeinrichtungen.

Die Anlagestiftung Ethos, welche über 220 Pensionskassen und gemeinnützige Stiftungen zusammenschliesst, investiert in ihren Anlagefonds bereits seit einigen Jahren nicht mehr in Kohleunternehmen. Ihre Anlagefonds haben ein Investitionsvolumen von 2,5 Milliarden Franken. Seit letztem Jahr schliesst Ethos auch Investitionen in besonders umweltschädliche Ölsande und Ölschiefer (gewonnen mittels Fracking) aus.

Für dieses Jahr hat Ethos nun einen weiteren Schritt angekündigt. Die Anlagestiftung verlangt von grossen Treibhausgasemittenten neuerdings, dass sie ihren Aktionären an den Generalversammlungen einen Bericht zur Klimastrategie vorlegen. «Der Klimawandel birgt für Unternehmen grosse Risiken, begründet der Präsident der Anlagestiftung, Ruedi Rechsteiner, die Massnahme. Wenn zum Beispiel Immobilien überschwemmt werden, können grosse Schäden entstehen».  

Rechsteiner war von 1995 bis 2010 Nationalrat für die Sozialdemokratische Partei (SP) und profilierte sich als Kämpfer gegen die Atomkraft und Förderer von alternativen Energieformen (Sonne, Wind, Wärmepumpen, etc). Seit gut zwei Jahren ist er Ethos-Präsident. 

Zum Beispiel Nestlé oder Lafarge-Holcim im Fokus

Als Beispiele für Unternehmen, von denen Ethos künftig eine solche Klimastrategie verlangt, nennt er Firmen, die ausserhalb des fossilen Bereichs tätig sind: nämlich den Lebensmittelkonzern Nestlé und den Baustoffhersteller Lafarge-Holcim. Die beiden Konzerne haben zusammengerechnet einen Kohlendioxid-Ausstoss von 250 Millionen Tonnen pro Jahr, das ist fünfmal mehr als die Schweiz im Inland ausstösst, wie der Ethos-Präsident erklärt.

Nestlé sei beim Klimaschutz andern Unternehmen weit voraus, findet Rechsteiner, es habe auch einen konkreten Absenkpfad für die Treibhausgase. Mit der Forderung nach einem Bericht zu einer Klimastrategie möchte Ethos dieses Engagement überprüfen. Und behält sich vor, den Bericht gegebenenfalls an der Generalversammlung zur Ablehnung zu empfehlen.

Auch für Lafarge-Holcim könnte sich die Investition in klimaschonende Massnahmen lohnen. Bisher verursacht der Zement, welchen der Konzern herstellt, grosse Treibhausgasemissionen. «Wenn es gelingen würde, bei der Produktion von Zement sogar Kohlendioxid einzulagern, würden die Aktien des Unternehmens sehr stark steigen», sagt Rechsteiner.

Erfolg gegen zu hohe Managerlöhne

Die Anlagestiftung Ethos ist 1997 aus zwei Genfer Pensionskassen hervorgegangen. Seit langem kämpft sie gegen zu hohe Managerlöhne. Mit der Annahme der Abzocker-Initiative durch die Schweizer Bevölkerung im Jahr 2013 konnte sie einen Erfolg erzielen.

Für Generalversammlungen von börsenkotierten Unternehmen im In- und Ausland gibt sie jeweils Abstimmungsempfehlungen heraus und übernimmt für die Vorsorgeeinrichtungen auf Wunsch auch die Stimmrechtsvertretung. Über den sogenannten Engagement-Pool führt Ethos mit Schweizer Unternehmen schon seit rund 15 Jahren einen Dialog über Fragen der Nachhaltigkeit. Dieser Pool umfasst ein Anlagevermögen von rund 250 Milliarden Franken, das entspricht einem Viertel aller Schweizer Pensionskassenguthaben.

Die Klimafrage sei heute für Ethos gleich wichtig wie der Kampf gegen zu hohe Managerlöhne, erklärt Vincent Kaufmann, Direktor von Ethos. Ziel der Anlagestiftung sei es, die Reduktion des CO2-Ausstosses auch zu einem lohnrelevanten Bestandteil des Managements zu machen.

Die Anlagestiftung veröffentlicht zu jeder von ihr untersuchten Firma jeweils einen Nachhaltigkeitsbericht. Sie verfügt über rund 25 Mitarbeitende, die meisten sind in Genf stationiert. International am ehesten vergleichbar mit Ethos sind Stimmrechtsberater wie ISS in den USA oder Glass Lewis, die von der Deutschen Börse übernommen wird: Beide legen in ihren Empfehlungen ebenfalls Wert auf Nachhaltigkeit und gute Unternehmensführung.

Michael Diaz, Leiter Anlegen und Mitglied der Geschäftsleitung der Alternativen Bank Schweiz (ABS), begrüsst den Schritt von Ethos hin zu mehr Klimaschutz: «Ich finde es gut, dass Firmen, welche viel CO2 ausstossen, in Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaziel einer maximalen Erwärmung von 1,5 Grad gebracht werden», sagt er.

Damit hebe Ethos die Klimafrage, die sie schon bisher im Unternehmensdialog zum Thema gemacht habe, auf eine neue Stufe. Er bemängelt einzig, dass Banken und Versicherungen von dieser Pflicht, einen Bericht zur Klimastrategie vorzulegen, entbunden sind. Die ABS stellt in der Schweiz eine grosse Ausnahme dar, weil sie seit ihrer Gründung 1990 weder in Erdöl noch in Kohle investierte.

Möglicherweise könnte auch die Frauenförderung dazu führen, dass Firmen der Reduktion von Treibhausgasen mehr Beachtung schenken. In diesem Bereich macht Ethos ebenfalls Druck. So fordert die Anlagestiftung ab nächstem Jahr einen Frauenanteil von mindestens 20 Prozent in Verwaltungsräten.

Dies geschieht im Hinblick darauf, dass der Bund ab 2026 einen Zielwert von 30 Prozent anstrebt. Laut einer Untersuchung der Genderforscherin Anika Thym der Uni Basel sind zumindest in der Finanzindustrie Frauen eher sensibilisiert für längerfristiges Denken und damit für den Klimawandel als Männer.

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