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KMU: bevorzugte Angriffsziele für Cyber-Kriminelle

Cyber-Kriminelle nutzen immer öfter Sicherheitslücken von kleinen und mittelgrossen Unternehmen aus. AFP

Der Cyberspace ist voll von Gefahren, besonders für kleine und mittelgrosse Unternehmen. Das russische IT-Unternehmen Kaspersky Lab kämpft seit Jahren gegen diese Bedrohungen. swissinfo.ch hat mit René Bodmer, Verantwortlicher für Geschäftskunden, gesprochen.

Ihre Programme schützen weltweit über 300 Millionen Surferinnen und Surfer vor den Gefahren des Internets. Die 1997 in Moskau gegründete Firma Kaspersky Lab beschäftigt heute über 1700 Personen und ist in 100 Ländern präsent.

swissinfo.ch: Wo sehen Sie die Besonderheiten der Schweiz und Österreich – was den Markt wie auch die Viren betrifft?

René Bodmer: Sowohl die Schweiz als auch Österreich sind bei Kaspersky Lab innerhalb der deutschsprachigen Gesamtregion vereint. In beiden Alpen-Ländern sind sehr starke Strukturen für kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU) vorhanden. Diese Strukturen sind in erheblichem Mass für die Wertschöpfung verantwortlich.

Speziell in der Schweiz sind sowohl im KMU-Segment als auch im Corporate-Segment sehr viele Unternehmen angesiedelt, die sich in ihrer jeweiligen Branche stark spezialisiert haben.

Genau diese Spitzenpositionierung sowie die globale Ausrichtung machen solche Unternehmen zu bevorzugten Angriffszielen für Cyber-Kriminelle. In der Regel stehen hinter zielgerichteten Angriffen handfeste wirtschaftliche Interessen.

Wir beobachten derzeit einen Wandel – weg von den «Flächenangriffen» hin zu ganz gezielten Angriffen auf ausgesuchte Unternehmen oder Behörden. Für Organisationen wird es schwerer, sich auf solche Angriffe einzustellen. Es gibt aber eine Vielzahl von Massnahmen, die sie ergreifen können.

Für uns als einen der führenden Anti-Malware-Hersteller heisst das, dass wir unsere Aufklärungsarbeit und die fokussierte Kundenberatung noch mehr in den Mittelpunkt unserer Bestrebungen stellen.

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swissinfo.ch: Welche Rolle spielt die Schweiz auf dem Gebiet der Bekämpfung der Cyber-Kriminalität?

R.B.: Offizielle Kooperationen zwischen staatlichen Organen und der Anti-Malware-Industrie existieren in der Schweiz nicht. Es gibt jedoch lose Kontakte mit Organisationen und Vereinen, die es sich auf die Flagge geschrieben haben, Organisationen der öffentlichen Hand und die ICT-Industrie zum Nutzen aller zu vernetzen.

In solchen Gremien wird u.a. auch das Konstrukt eines PPP (Private Public Partnership) verfolgt, das mittel- bis langfristig betrachtet durchaus eine Win-Win-Situation erzeugen kann.

swissinfo.ch: Gibt es Unterscheide zwischen der Schweiz und Russland, beispielsweise in unternehmerischer Kultur? Und sind diese für ein IT-Unternehmen wie Kaspersky Lab überhaupt relevant?

R.B.: Aus meiner Erfahrung glaube ich, dass die Einwohner und Einwohnerinnen und somit auch die privatwirtschaftlichen Unternehmen und Behörden beider Länder aus ihrer jeweiligen Tradition heraus sehr sicherheitsbewusst sind.

In beiden Ländern wird Forschung und Entwicklung betrieben und beide Volkswirtschaften befinden sich in einem globalen Wettbewerb, bei dem einige Akteure mit immer härteren Bandagen für ihre Vorteile und ihren Profit kämpfen.

Nur schon rein deshalb werden Unternehmen, Behörden, aber auch Private immer öfter Ziel von Cyber-Angriffen. Diesbezüglich kann ich keinen grossen Unterschied zwischen den beiden Ländern ausmachen. Der Schweizer gilt bekannterweise als sehr qualitätsbewusst und gleichzeitig als «Early Adopter» für neue Technologien.

Aus dieser Perspektive ist die Schweiz ein idealer Markt, um Erfahrungen zu sammeln und diese in die weitere Entwicklung einfliessen zu lassen. Was im mehrsprachigen Schweizer Markt auf Akzeptanz stösst, lässt sich normalerweise auch weltweit gut absetzen.

Aus meiner persönlichen Überzeugung heraus glaube ich, dass eine noch intensivere Zusammenarbeit der verschiedenen befreundeten Staaten, und dazu zähle ich sowohl Russland als auch die Schweiz, bezüglich Bekämpfung der Cyber-Attacken durchaus Sinn machen würde.

Die Thematik der Cyber-Kriminalität hat mittlerweile eine derart grosse Dimension angenommen, dass man ihr nur in gemeinsamer Anstrengung begegnen kann. Und vergessen wir dabei nicht, dass wir nur jenen Bruchteil sehen, der sich an der Oberfläche bewegt.

Es gibt eine grosse Dunkelziffer, über welche die Betroffenen nicht sprechen wollen. Dies unter anderem deshalb, weil sich sensible Branchen (Banken, Versicherungen, Gesundheitswesen, Internet-Wetten, Infrastruktur-Anbieter etc.) davor fürchten, Ihre Reputation bei Kunden und Partnerunternehmen einzubüssen, käme heraus, dass sie von Cyber-Kriminellen erpresst werden.

swissinfo.ch: Wie ist es eigentlich, in einem russischen Unternehmen zu arbeiten?

R.B.: Es ist spannend, für einen der führenden Anti-Malware-Hersteller in einem sehr internationalen Umfeld tätig zu sein und dabei eine sehr interkulturelle Zusammenarbeit zu pflegen.

Ich glaube fest daran, dass uns gerade die kulturellen Verschiedenheiten – sowohl was Sicherheits-Lösungen, wie auch was unsere persönliche Weiterentwicklung betrifft – sehr positiv beeinflussen werden.

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