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GLP International: jung und motiviert

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Kai Reusser / swissinfo.ch

Die Partei hat die jüngste internationale Sektion, ist aber nahe an den klassischen Themen der Auslandschweizer:innen. Sektionspräsident Thomas Häni über E-Voting und die Krux mit Banken und Krankenkassen.

Die Grünliberale Partei Schweiz – kurz GLP – hat erst seit letztem Herbst eine internationale Sektion und damit den jüngsten Auftritt auf dem Parkett der Fünften Schweiz.

Doch neu ist sie in diesen Gefilden trotzdem nicht. Bei den letzten Nationalratswahlen 2019 konnte Partei-Mitglied Franz Muheim aus Grossbritannien fast 45’000 Stimmen holen, was ein bemerkenswertes Resultat war.

«Wir haben in den Kantonen Basel-Stadt, Bern und Zug je eine Auslandschweizer:innen-Liste hinbekommen», sagt Thomas Häni, Präsident der GLP InternationalExterner Link, der für das Gespräch mit SWI swissinfo.ch extra aus Deutschland angereist ist.

Eine direkte Vertretung der Fünften Schweiz sei zwar noch Zukunftsmusik, jedoch sehr wünschenswert. «Der Aussenblick auf die Schweiz bereichert», so Häni.

  • GLP – Grünliberale Partei der Schweiz
  • Gründungsjahr: 2007
  • Präsidium: Jürg Grossen, Nationalrat Kanton Bern und Unternehmer
  • Vertretung im Bundesrat: 0
  • Mitgliederzahl: 7800 Mitglieder
  • Sitzanteil in der Bundesversammlung:
    • 16 Sitze im Nationalrat (8%)
    • kein Sitz im Ständerat
  • Wähler:innenanteil 2019: 7.8%
  • Frauenanteil in der Bundesversammlung: 50%
  • Politische Positionierung, 3 Kernanliegen:
    • Die GLP will das Klima schützen und wegkommen von fossilen Energien.
    • Aussenpolitische Öffnung, vor allem gegenüber der EU.
    • Liberale Wirtschaftspolitik – der Staat soll mehr Eigenverantwortung fördern und für faire Startbedingungen sorgen.

Die GLP International hat rund 80 Mitglieder und nochmals so viele Sympathisant:innen. Motivation für die Sektionsgründung seien klar die Wahlen im Herbst gewesen.

«Vor vier Jahren haben wir schon gesehen, dass der GLP-Wähleranteil bei den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern grösser ist als bei den Stimmberechtigen in der Schweiz», sagt der Sektionspräsident. Das Interesse an der Partei im Ausland sei vorhanden – die Sektionsgründung eine logische Folge.

Smartspider der Partei GLP
Von den 5900 Kandidatinnen und Kandidaten für den Nationalrat haben rund 1100 einen von swissinfo.ch und smartvote ausgearbeiteten Fragebogen mit elf spezifischen Fragen zur Fünften Schweiz beantwortet. Der «smartspider» zeigt die politischen Positionen jeder Partei zu sechs Themen, welche die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer beschäftigen. smartvote.ch

Die Hauptanliegen

Den grossen Vorteil der GLP gegenüber anderen Parteien, wenn es um die Fünfte Schweiz geht, sieht Häni bei der Grösse der Partei. «Weil wir noch nicht so gross sind, haben wir einen direkten Draht zu den Parlamentarierinnen und Parlamentariern unserer Partei.» So könnten die Anliegen der Auslandschweizer:innen direkt ins Parlament getragen werden.

Die Sektion vertritt die Hauptanliegen der Mutterpartei. Einen besonderen Fokus setzt die GLP International auf die Europäische Union und das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU.

«Durch das Scheitern der Verhandlungen hat unsere Partei viel Zuspruch aus der Fünften Schweiz erfahren», so Häni. Er glaubt, der Grund für das gestiegene Interesse dürfte unter anderem auch der Lösungsvorschlag sein, den EWR-Beitritt als Alternative zu sehen. «Die GLP hat dies als einzige Partei aktiv eingebracht», sagt Häni.

Zudem ist ein grosser Teil der GLP-Wähler:innenschaft in der akademischen Welt unterwegs. «Viele von ihnen sind darauf angewiesen, in ihrer beruflichen Laufbahn im nahen Europa forschen oder studieren zu können», sagt Häni.

Deswegen geniesst das Thema Horizon bei der GLP International eine hohe Priorität. Die Schweiz war aus diesem Forschungsprogramm der EU ausgeschlossen worden, nachdem die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen gescheitert waren.

Die klassischen Themen, die die Schweizer:innen im Ausland betreffen, kommen aber nicht zu kurz: Dazu gehören die Sozialversicherungen, die Rückkehr in die Schweiz und das Wählen und Abstimmen als Auslandschweizer:in. «Diese Anliegen versuchen wir prominent in unser Parteiprogramm einzubringen.»

Das sagt die GLP zum E-Voting

Die GLP International bedauert, dass die jüngsten E-Voting-Versuche nur zu Testzwecken durchgeführt wurden und es für die Parlamentswahlen im Herbst nicht reicht, die elektronische Stimmabgabe wieder flächendeckend anzubieten.

«Wir sind überzeugt, dass das E-Voting nicht nur für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer wichtig ist», sagt Häni. «Es würde auch dabei helfen, jüngere Wählerinnen und Wähler an die Urne zu bringen.»

Häni spricht dabei auch die «neuere» Generation von Auslandschweizer:innen an, die nicht mehr für immer auswandert, sondern für ein, zwei Jahre im Ausland lebt und dann wieder zurückkommt. Diese würden sehr wohl noch in der Schweiz mitbestimmen wollen. «Das E-Voting würde vieles erleichtern.»

«Es braucht freiwillige Versicherungsmodelle»

Dass Schweizer:innen, die auswandern, ihre Schweizer Krankenkasse aufgeben müssen, ist ein vieldiskutiertes Thema, zu dem Häni klare Worte findet: «Das zu ändern, ist eine der generellen Forderungen, für die sich jede Partei einsetzen muss, die Auslandschweizerinnen und -schweizer ernst nimmt.»

Es müsse eine Möglichkeit geben, sich freiwillig in der Schweiz versichern zu lassen. «Das betrifft aber nicht nur die Krankenkasse, sondern auch die AHV oder die Pensionskasse», so Häni.

Keine Diskriminierung der Fünften Schweiz bei den Bankkonti

Ebenso findet es die GLP wichtig, dass Bankdienstleistungen nicht nur für Inländer:innen zugänglich sind. «Es darf hier keine Diskriminierung geben», sagt Häni. Es sei aber klar, dass die komplexeren Transparenzvorschriften, die im ausländischen Finanzwesen gelten, auch etwas kosten.

«Würde es mehr Wettbewerb geben, würden sich die Kosten auch einpendeln», ist er überzeugt. Bei den Auslandschweizer:innen gebe es für Banken grosses Potential. «Das müssten die Schweizer Banken aber zuerst einmal erkennen.»

+Kantonsregierungen: Erstmals schafften es eine GLP-Vertreterin und ein GLP-Vertreter, kantonale Exekutivämter zu erobern. In Basel-Stadt und Nidwalden sitzen sie in den Regierungen.

+Ehe für alle: An vorderster Front kämpfte die GLP für die Einführung der Ehe für alle. Sie gewann 2021 die Volksabstimmung. 2022 wurde die Ehe für alle offiziell eingeführt.


-Europa-Dossier: Die GLP ist wohl die EU-freundlichste Partei – aber ohne Breitenwirkung in die Schweizer Politik. Alleine auf weiter Flur, konnte sie das Rahmenabkommen nicht retten.

-Klimaschutz: Das Volk lehnte 2021 das CO2-Gesetz ab, das auf Lenkungsabgaben setzte. Die GLP engagierte sich für dieses Anreizsystem, das aber bei der Stimmbevölkerung keine Gunst fand. Hingegen gehörte die GLP bei der Abstimmung zum Klimaschutzgesetz zu den Gewinnerparteien.

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Wahlkampfthemen und Ziele

  • Klimaschutz: Die GLP fordert für die Schweiz einen verbindlichen Absenkpfad beim Treibhausgas-Ausstoss. So soll bis ins Jahr 2040 das Netto-Null-Ziel erreicht werden.
  • EU/Aussenpolitik: Bei vielen aktuellen Problemen sieht die GLP die Lösung in einer stärkeren Annäherung an die EU in einem institutionellen Rahmenabkommen – oder gar in einem Beitritt zum EWR.
  • Wirtschafts- und Steuerpolitik: Die GLP vertritt eine bürgerliche Wirtschafts- und Steuerpolitik, der Staat soll so wenig wie möglich ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen.
  • Gleichstellung: Die GLP will alle Lebensmodelle gleichstellen und fordert deswegen die Individualbesteuerung.
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Ausgangslage und Aussichten

Die GLP konnte in den letzten vier Jahren bei den Kantonsratswahlen wiederum stark zulegen, von 98 Sitzen auf 157 Sitze total (ein Plus von 60%). In den Kantonen Basel-Stadt und Nidwalden konnte die Partei erstmals Regierungssitze erobern. Im Gründungskanton der Grünliberalen hingegen, im Kanton Zürich, stagnierten die Grünliberalen bei den Wahlen im Frühling 2023.

Ist in früheren Jahren die GLP arithmetisch und wahltaktisch Listenverbindungen eingegangen, hat die Partei in diesem Jahr eine Allianz mit der Mitte-Partei und der Evangelischen Volkspartei (EVP) abgeschlossen.

Das Ziel der Partei bei den nationalen Wahlen im Herbst ist, die 10-Prozent-Marke (2019: 7,8%) zu knacken und mindestens einen Sitz im Ständerat zu gewinnen. In zwölf Kantonen tritt die Partei mit Ständerats-Kandidatinnen und -kandidaten an, darunter mit den national bekannten Aushängeschildern der Partei – mit Parteipräsident Jürg Grossen (Kt. Bern) und Fraktionschefin Tiana Angelina Moser (Kt. Zürich). (SRF)

Mitarbeit SRF: Tobias Gasser

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