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Weckruf für Schweizer Wähler:innen im Ausland

Tagung des Auslandschweizerrats im März 20223 in Bern.
Tagung des Auslandschweizerrats im März 2023 in Bern. / Alexandra Jaeggi
Serie Wahlen 2023-2, Folge 10:

Das Parlament der Auslandschweizer:innen setzt sein Wahlmanifest in Kraft und macht die tiefe Wahlbeteiligung der Diaspora zum Thema. Erste Ideen sind da.

Die Schweizer Politik entdeckt die Bedeutung der Fünften Schweiz. Sie bildet ein Elektorat, das Stimmen bringen kann. In diesem Jahr gilt das besonders, denn die Schweiz wählt im Herbst ein neues Parlament. Theoretisch können die Auslandschweizer:innen über bis zu sechs der 200 Sitze im Nationalrat entscheiden.

Wir haben dies hier vertieft besprochen.

Ein Problem aber bleibt. Die Wahlbeteiligung ist in der Regel tief. 800’000 Schweizer:innen leben im Ausland, nur ein Viertel von ihnen sind im Stimm- und Wahlregister ihres Heimatkantons eingetragen. Und nur 25% dieser Stimmberechtigten machen schliesslich von ihrem Recht Gebrauch.

swissinfo.ch

Warum wollen nicht mehr Auslandschweizer:innen wählen und abstimmen? Und warum ist die Stimmbeteiligung der eingetragenen Auslandschweizer:innen so tief?

Workshop zur Wahlbeteiligung

Diese Fragen warfen Auslandschweizerrat Antoine Belaieff aus Kanada und Auslandschweizerrätin Carmen Trochsler aus Australien auf. Sie luden die angereisten Auslandschweizerrätinnen und -räte am Donnerstag zu einem Workshop ein.

Bild von 2 Auslandschweizerräten
«Wie kann das Elektorat der Schweizer Diaspora besser aktiviert werden?» fragten die Delegierten des Auslandschweizerrates Carmen Trochsler und Antoine Belaieff. Ein Workshop anlässlich der Session des Auslandschweizer-Parlaments lieferte Inputs. / Alexandra Jaeggi

Ziel war, einen Weg zu finden, mehr Schweizer:innen im Ausland zum Wählen und Abstimmen zu animieren.

Welche Ideen haben die Auslandschweizerrätinnen und -räte? Wir haben sie gefragt: 

Die Swisscommunity will die Resultate des Workshops im Mai mit Vertreter:innen der kantonalen Staatskanzleien diskutieren. Im Raum steht auch die Idee, abzuklären, ob sich aus der Schweizer Verfassung allenfalls ein Auftrag für politische Bildung der Fünften Schweiz ableiten lässt.

Bereits realisiert ist eine Wahl-WebseiteExterner Link, auf der die ASO der Fünften Schweiz Informationen zu den nationalen Wahlen zusammenstellt.

Bewegung in wichtigen Punkten

Hauptgeschäft an der Session des Auslandschweizer:innen-Parlaments war das sogenannte Wahlmanifest. Dieses spiegelt die Forderungen der Schweizer Diaspora an die heimische Politik. «Die Parteien, die Kandidierenden und die Behörden müssen sich der Wichtigkeit ihrer Anliegen bewusst werden», forderte ASO-Präsident Filippo Lombardi.

Das Manifest besteht bereits seit November (hier unser Bericht dazu). Es konnte bis jetzt aber noch nicht vom gesamten Rat verabschiedet werden.

In Zwischenzeit hat sich in einzelnen Punkten auch etwas bewegt.  Besonders bei der Top-Priorität, der Sicherstellung und Förderung der Ausübung der politischen Rechte, denen mit E-Voting aus Sicht der Swisscommunity am ehesten Rechnung getragen werden kann. Der Bund hat Versuche mit E-Voting mit einem neuen System erst gerade wieder aufgenommen.

Wir haben hier darüber berichtet.

Verlassen hat der Bundesrat im gleichen Zug aber auch einen Alternativ-Vorschlag aus dem Parlament. Nationalrat Andri Silberschmidt schlug darin vor, die Wahlunterlagen per Diplomatenpost gebündelt zu versenden. Ein Bericht über entsprechende Versuche hat der Bundesrat am Freitag verabschiedet. Festgestellt wird darin laut einer MitteilungExterner Link, «dass die Stimmunterlagen bei der überwiegenden Mehrheit der Auslandschweizer Stimmberechtigten rechtzeitig eintreffen».

Hoffnung auf Fortschritte

Wahrnehmbar wenig getan hat sich aber bezüglich der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU.

Die laufenden Sondierungsgespräche sind auch nach acht Besuchen der Schweizer Chefunterhändlerin Livia Leu in Brüssel noch nicht soweit gediehen, dass Verhandlungen hätten beginnen können. Ein Schweiz-Besuch des EU-Chefunterhändlers Maroš Šefčovič in Bern, der just in derselben Woche stattfand, gibt laut anwesenden Parlamentarier:innen aber Grund zur Hoffnung auf Fortschritte in dieser Frage. 

Die Hängepartie zwischen Bern und Brüssel besorgt die Delegierten der Schweizer Vereine im Ausland, besonders jene, die in EU-Ländern wohnen. SP-Ständerat Carlo Sommaruga, der im Vorstand der ASO sitzt, dämpfte mit Verweis auf die politische Landkarte der Schweiz allfällige Erwartungen an einen schnellen Durchbruch.

Mit dem Ziel, die Kommunikation der Schweizer Gemeinschaften im Ausland zu bündeln und zu vereinheitlichen, hat die ASO mit Unterstützung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) die Website «Factor Swiss» eingerichtet. «Heute sind viele Mitglieder der Schweizervereine im Ausland eher älter und haben keine besondere Affinität zu sozialen Netzwerken», sagt Maria Luisa Bernini, Projektleiterin von «Factor Swiss» bei der ASO. Daher hatte die Organisation die Idee, über diese Website leicht anpassbare Vorlagen zur Verfügung zu stellen, mit denen Beiträge für soziale Netzwerke erstellt werden können. Durch die Erhöhung der Präsenz von Schweizer Vereinen in sozialen Netzwerken ist es das erklärte Ziel, ein jüngeres Publikum zu erobern. Aber nicht nur das. Die ASO hofft auch, die Gemeinschaft der Auslandschweizer:innen stark zu verdichten, «um ihnen auf diesem Weg einerseits nützliche Informationen liefern zu können und andererseits ihre Bedürfnisse besser zu verstehen», präzisiert Maria Luisa Bernini. Eine geeinte und zahlreiche Gemeinschaft hätte auch ein grösseres politisches Gewicht.

Die Erwartungen etwas zurückschrauben musste die Swisscommunity auch in Bezug auf eine ursprüngliche Forderung nach besserem Zugang zur freiwilligen AHV. Hier setzen bestehende Sozialversicherungsabkommen fixe Leitplanken. Und die ohnehin knapp finanzierte AHV für zusätzliche Begehrlichkeiten der Fünften Schweiz zu öffnen, dafür bestehe in der Politik derzeit keine realistische Chance, warnte Carlo Sommaruga.

Wir haben hier über auch über diese Thematik berichtet.

Enger geworden sind die Mittel auch beim Schweizer Aussendepartement EDA. Die Forderung nach einem «konsularischen Netzt, das die Bedürfnisse der Auslandschweizer:innen abdeckt», kollidiere mit Sparzwängen, informierte Laurent Perriard, der interimistische Direktor der Konsularischen Direktion.

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