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Wenn Mann oder Frau «buchstäblich» überfordert ist

Buchstabensuppe
Nicht für alle Menschen sind Buchstaben leicht verdaulich. Christoph Balsiger

Hunderttausende Erwachsene in der Schweiz haben Mühe mit Lesen, Schreiben oder Rechnen. Und dies obwohl sie die obligatorische Schule absolviert haben. Das ist nicht neu, aber noch immer ein Tabu. Die erste schweizweite Kampagne dieser Art, die am Vortag des Welt-Alphabetisierungstags lanciert wurde, will sensibilisieren und Hemmschwellen abbauen.

«Mit der Kampagne «Einfach besser!»Externer Link wollen wir die Öffentlichkeit für das Thema ‹Grundkompetenzen› sensibilisieren, aber uns vor allem auch an die Direktbetroffenen wenden», sagt Christian Maag. Er ist Geschäftsführer des Schweizer Dachverbandes Lesen und SchreibenExterner Link, der für diese Initiative mit der Interkantonalen Konferenz für Weiterbildung (IKW)Externer Link zusammenarbeitet.

800’000 Erwachsene in der Schweiz können nicht richtig lesen und schreiben, rund 400’000 haben Mühe, einfache Rechenaufgaben zu lösen, und dies in einem Land mit einem hochentwickelten Bildungssystem. Typisch für Illettristen, auch funktionale Analphabeten genannt, ist, dass sie Angst haben, als dumm zu gelten, sich für ihre Schwäche schämen und diese im Alltag zu kaschieren versuchen. «Nicht einmal fünf Prozent von ihnen gehen ihr Defizit aktiv mit einem Kursbesuch an», erklärt Maag gegenüber swissinfo.ch.

Für eine bessere Integration

Um dieser Angst entgegenzuwirken, sollen die Betroffenen mit Plakaten, Flyern, Radio- und TV-Spots direkt und auf humorvolle Weise angesprochen und motiviert werden, ihr Handicap anzupacken. Bei den meisten Betroffenen handelt es sich um Erwachsene, welche die Schulen in der Schweiz besucht haben, dabei aber einiges verpasst haben. Andere haben ihre Kompetenzen im Laufe des Lebens verloren.

Wer sich helfen lassen will, sich wegen seiner Leseschwäche im Internet jedoch nicht zurechtfindet, kann auch unter der Gratisnummer 0800 47 47 47 Rat holen. «In der Deutschschweiz rufen pro Tag zwei bis drei Personen an. Wir klären ab, was diese Person braucht, vermitteln ihr WeiterbildungskurseExterner Link, sagen ihr, dass man in kleinen Gruppen arbeitet, und ermutigen sie zu diesem Schritt», sagt Susanne Leutenegger, die an diesem Tag die Hotline betreut.

Sie sagt auch, dass im Zeitalter der Digitalisierung und Automatisierung die Anforderungen an jeden Einzelnen gestiegen seien, sowohl im Alltag wie auch im Beruf. «Heute muss praktisch jeder am Arbeitsplatz Formulare ausfüllen und Rapporte oder Protokolle schreiben können.» Gefordert seien aber nicht nur die Betroffenen selbst, betont Leutenegger. «Auch die Arbeitgeber müssen in die Pflicht genommen werden».

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