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Auf der Suche nach der perfekten Sicherheit

Nicolas Gisin sucht den sichersten Code. swissinfo.ch

Die herkömmlichen Codes für den Schutz beim Informations-Austausch werden immer unsicherer.

Eine Forschergruppe in Genf sucht daher nach einer neuen Art und Weise von Datenverschlüsselung.

Für geheime Codes in Datensystemen gibt es viele Interessenten: Regierungen, Banken, Industrie, aber auch einfache Bürger. Die Geheimhaltung von Daten ist noch wichtiger geworden, seit ein Grossteil des Datenaustauschs via Internet erfolgt.

Einige Forscher in Genf haben bei der Suche nach der so genannten Quanten-Kryptografie erhebliche Fortschritte gemacht. Gemäss dem bekannten Massachusetts Institute of Technology (MIT) handelt es sich um “eine der 10 Technologien, welche die Welt verändern werden.”

Die Wiederentdeckung der Kryptografie

Diese Forschung ermöglicht die Wiederentdeckung einer alten Wissenschaft: der Kryptografie (Geheimschrift). Ziel ist es, sichere und unverletzbare Geheimcodes zu finden. Die traditionelle Kryptografie hat bisher digitale Zeichen genutzt, die als sicher galten und vor Missbrauch geschützt waren.

Theoretisch ist ein solcher Missbrauch möglich. Es reicht, einen leistungsstarken Computer und viel Zeit zu haben. In der Praxis stösst das System schnell an Grenzen. Denn auch der schnellste Computer müsste Jahre arbeiten, um die sichersten Geheimcodes zu knacken.

Die Kryptografen sind ihrer Zeit aber voraus. Am Horizont sehen sie bereits Computer künftiger Generationen, die die geheimsten Codes in Kürze erkennen können. Das System von Verschlüsselung und möglicher Erkennung und Sabotage kann sich schnell hoch schaukeln.

Quantenmechanik als Hilfesteller

Glücklicherweise kommt den Tüftlern neuer Geheimcodes die Quantenmechanik zu Hilfe: Es handelt sich um eine physikalische Entdeckung aus den 20-er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Bezug auf die Beobachtung von Molekülen, Atomen und Elementarteilchen.

Gemäss Quantenmechanik verändert allein die Bebachtung die Wahrnehmbarkeit von Systemen. Nach einem Jahrzehnt an Laborexperimenten beginnt die Quanten-Kryptografie in ein Anwendungsstadium überzugehen.

In dieser Verschlüsselung erfolgt die Datenübertragung in Form von Photonen (d.h. den Bestandteilen des Lichts), deren Polarisierung nach dem Zufallsprinzip wechselt. Sender und Empfänger analysieren die Photonen einzeln und merken sofort, wenn die Nachricht abgefangen wurde.

Genfer Forscherteam an der Spitze

Der Code wird so lange geändert, bis ein sicherer Schlüssel gefunden ist, der nur ein einziges Mal verwendet wird. Mit anderen Worten: Die Codierung wird generiert, verwendet und sofort wieder zerstört.

Zu den Pionieren in diesem Forschungsbereich gehört Nicolas Gisin, Professor an der Universität Genf und Direktor der Gruppe für angewandte Physik sowie der Abteilung Optik. Gisin hat zudem eine Firma namens “id Quantique” gegründet, welche die Kommerzialisierung der so genannten Quanten-Kryptografie anstrebt.

Eine technische Revolution

Gisin hat vor kurzem eine grosse Auszeichnung erhalten. Die angesehene Fachzeitschrift “Technology Review” des Massachusetts Institute of Technology (MIT) erwähnte seine Forschung unter den “10 aufsteigenden Technologien, die die Welt verändern werden.”

Die neue Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. Die Hauptschwierigkeit bergen die langen Distanzen, welche die Lichtsignale zurückzulegen haben. Jede Verstärkung des Signals zerstört die Information, die transportiert wird.

Die Forschergruppe um Gisin hat jedoch bereits einen Rekord aufgestellt: Eine Übermittlung über eine Glasfaserleitung von 67 Kilometern Länge zwischen Genf und Lausanne. Sollten die Schwierigkeiten bei der Übertragung über längere Distanzen einmal aus dem Wege geräumt sein, wird die Quanten-Kryptografie als Technologie wohl in unseren Alltag einziehen. Sei es bei Banküberweisungen, der Erkennung elektronischer Unterschriften, für die Verschlüsselung sehr persönlicher E-Mails oder auch für das E-Voting, über das man in jüngster Zeit soviel geredet hat.

swissinfo, Marco Cagnotti
(Übersetzung Gerhard Lob)

Die traditionellen Sicherheitscodes bergen das Risiko, in Kürze überholt zu sein.
Die so genannte Quanten-Kryptografie soll einen neuen Weg aufzeigen.

Die traditionelle Verschlüsselung von Codes beim Datenaustausch via Internet wird zusehends unsicherer, weil leistungsstarke Computer die Codes knacken können.

Die Verwendung quantenmechanischer Bestandteile bei der Verschlüsselung von Codes erlaubt eine echte Sicherheit, weil ein Signal durch die Beobachtung verändert wird.

Nicolas Gisin, Professor an der Uni Genf und Gründer der Firma “id Quantique”, leitet eine Forschergruppe in diesem Bereich, die weltweit führend ist.

Im Vergleich zun traditionellen Verschlüsselungen erlaubt es diese neue Form der Quanten-Kryptografie sofort festzustellen, wann ein Code geknackt wurde.

Die Forschung steht noch am Anfang, aber in Zukunft sind Anwendungen in den Bereichen E-Banking und E-Voting äusserst wahrscheinlich.

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