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Das Kind im Zentrum

Diese Zeichnung stammt von den Kindern des Zentrums bei Tirana. swissinfo.ch

Aus einem ärmlichen Spital für unterernährte Kinder in Tirana ist ein modernes Zentrum für die Entwicklung des Kindes entstanden - auch dank Schweizer Hilfe.

Das «Zentrum für Wachstum, Entwicklung und Rehabilitation für Kinder» ist hell und freundlich, die Räume und Korridore sind verziert mit Girlanden und Zeichnungen, im Kindergarten sieht man die Kleinen mit der Brio-Eisenbahn oder mit Duplo-Lego spielen. Fast fühlt man sich zu Hause.

Das Zentrum, das ehemalige Kinderspital Distrofik, ist mit Geldern des katholischen Hilfswerks Caritas Schweiz und Caritas Luxemburg umgebaut worden. Die Renovation war im Mai 2001 abgeschlossen. Die sanitären Anlagen wurden ersetzt, die Fassade gestrichen, die Kinderzimmer und Therapieräume neu eingerichtet.

Spürbare Veränderungen

Doch nicht nur der Verputz ist frisch, auch sonst hat sich einiges verändert. Verena Bruderer, Heilpädagogin aus St.Gallen: «Der Gedanke ist wichtig geworden, dass man sich mit dem Kind spielerisch beschäftigt – über Gesundheit und Motorik hinaus, dass man auch mit einem behinderten Kind etwas entwickeln kann.

Trotzdem aber habe keine der Frauen ein wirkliches Verständnis für die Entwicklung von Kindern. «Sie haben Material und gewisse Vorstellungen, wie man mit Kindern spielen kann oder kopieren unsere Muster, aber sie können es nicht auf das behinderte Kind übertragen, das sie vor sich haben.»

Seit 1998 hilft Verena Bruderer mit, Heilpädagoginnen des Entwicklungs-Zentrums für Kinder aus- und weiterzubilden. Jedes Jahr kommt sie einige Male nach Tirana, manchmal nur für ein paar Tage, diesmal für 6 Wochen.

Steigende Motivation

Auch Projekt-Koordinator Edmond Werder, ein pensionierter Kinderarzt aus St.Gallen, stellt Veränderungen fest, langsam, Schritt für Schritt: «Es hat ein Mentalitätswechsel stattgefunden. Früher kam das Personal hierher, um Geld zu verdienen. Jetzt zeigen sie mehr und mehr Freude an ihrer Arbeit.»

Albanien, eines der ärmsten Länder Europas, hat ein ungenügendes Gesundheitssystem. Die Probleme seien ähnlich wie in einem Entwicklungsland, betont Professor Werder gegenüber swissinfo:

«Die Kinder, die hierher kommen, leiden an Entwicklungsstörungen und Behinderungen, die teils auf schwere Infektionen in der Frühkindheit zurückzuführen sind, die nicht behandelt wurden.»

Ein Frauenbetrieb

Im Zentrum arbeiten 64 Leute, mit wenigen Ausnahmen alles Frauen. 15 von ihnen sind Ärztinnen, Therapeutinnen und Psychologinnen. Das Zentrum hat Platz für 30 Kinder, die Mütter können über Nacht bei den Kindern bleiben. Die Behandlung ist gratis.

«Es ist das einzige Zentrum dieser Art in ganz Albanien», sagt Direktorin Donika Naqi. Um das Zentrum im Land bekannt zu machen, ist sie unermüdlich unterwegs. «Im letzen Jahr waren wir in 4 Städten, in diesem Jahr sind Besuche und Ausbildungen in 15 weiteren geplant.»

«Wir brauchen Caritas»

Kinderärztin Naqi bezeichnet die Zusammenarbeit mit Caritas als äusserst gut. Fast noch wichtiger als die finanzielle Hilfe sei die durch Caritas ermöglichte Weiterbildung im Zentrum. «Würde Caritas die Hilfe einstellen, bedeutete dies für unser Entwicklungszentrum den Tod.»

Auch wenn Albanien seit der Öffnung vor 10 Jahren Fortschritte gemacht hat, sind die Unterschiede immer noch enorm. Die Menschen funktionierten anders, gefragt seien Eigenverantwortung und Kreativität, so Verena Bruderer.

«Ich muss mir jeden Tag sagen, dass hier Albanien ist und wir vor dreissig Jahren in der Schweiz auch nicht da waren, wo wir jetzt sind. Ich muss mir jeden Morgen sagen, dass ich nicht vergleiche – sonst würde ich aufgeben.»

Gaby Ochsenbein, Tirana

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