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Die Zeit für den Artenschutz läuft ab

Ein Delegierter ist auf dem Weg zur Biodiversitäts-Konferenz in Kuala Lumpur. Keystone

Eine internationale Konferenz in Malaysia soll mithelfen, das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten weltweit aufzuhalten.

Der Leiter der Schweizer Delegation warnt jedoch, dass nicht mehr viel Zeit bleibe.

«Nur mit einem grossen Effort können wir der Welt begreiflich machen, dass es uns ernst ist, mit dem was wir tun», sagte Botschafter Beat Nobs, Chef der Abteilung Internationales beim Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) gegenüber swissinfo.

Er sprach vor der 7. Vertragsparteien-Konferenz der Biodiversivitäts-Konvention der Vereinten Nationen, die am Montag in Kuala Lumpur eröffnet wurde.

Gemäss der Welt-Konservations Union (IUCN) verschwinden jährlich 27’000 Arten. 24% der Säugetiere sowie 12% der Vogelarten sind gefährdet.

Für die schnelle Verminderung der weltweiten Biodiversität sind unter anderem menschliche Tätigkeiten wie etwa intensive Landwirtschaft verantwortlich.

Aktionsplan

Am Umweltgipfel in Rio 1992 wurde das Ziel gesetzt, die biologische Vielfalt auf dem Planeten zu erhalten. Ein nicht-verbindlicher Vertrag legte die politischen Linien und allgemeinen Verpflichtungen fest.

10 Jahre später, am Gipfel von Johannesburg, erklärten sich Staats- und Regierungschefs damit einverstanden, die Abnahme der Artenvielfalt bis 2010 zu stoppen, versäumten es aber, konkrete Massnahmen zu beschliessen.

Jetzt, 6 Jahre vor Ablauf dieser Frist, scheint es zwingend, die Artenvielfalt auf globalem, regionalem und nationalem Niveau zu fördern.

«Die Zeit verrinnt sehr schnell», sagte Nobs. «Aber wenn wir den Zug in Richtung langsameren Verlust der Vielfalt in Gang setzen können, haben wir einen wichtigen Etappensieg errungen.»

Geschützte Zonen

Laut Umweltschützern ist der Wohlstand auf der Welt von der Bewahrung der Artenvielfalt abhängig.

Die Biodiversität stelle ein breites Angebot von Gütern und Dienstleistungen für die Gesellschaft zur Verfügung. Zudem sei sie wichtig für die Nahrungsmittel-Versorgung, die Medizin und für sauberes Trinkwasser.

«Die Konvention ist ein einzigartiges Forum, um nachhaltige Strategien für die Erhaltung unseres Ökosystems zu erörtern, die Armutsrate zu senken und die Lebensqualität der breiten Massen zu verbessern», sagte Martha Chouchena-Rojas, Chefin der IUCN-Delegation.

Dass dazu geschützte Bereiche eingerichtet werden müssen, ist seit einiger Zeit bekannt. Diese umfassen jetzt 11,5% der Erdoberfläche.

Gleichwohl mangelt es an Übereinstimmung, wie Menschen entschädigt werden sollen, die Wälder und andere Lebensräume zum Wohl der Menschheit schützen und bewirtschaften.

«Wir sprechen jetzt nicht nur von den Nationalparks, die als ganzes geschützt werden», betont Nobs.

«Die Einwohner müssen in die Bewirtschaftung der Schutzgebiete miteinbezogen werden. Nur wenn diese Menschen daran beteiligt sind, haben wir eine Chance, die benötigte Zahl geschützter Gebiete auch einrichten zu können.»

Biosicherheit

Biosicherheit steht auch auf der Agenda von Kuala Lumpur. Die Delegierten befassen sich damit, wie man die biologische Vielfalt vor den möglichen Gefahren, die durch genetisch veränderte Organismen verursacht werden, schützt.

«Jedes Land sollte das Recht haben, klar darüber informiert zu werden, welche gentechnisch veränderten Organismen importiert werden,» so Nobs.

Eine internationale Regelung zur Sicherstellung des Zugangs zu genetischen Ressourcen und der Verteilung des Nutzens, sowie die einzigartige Artenvielfalt der Gebirgsregionen stehen auch auf dem Programm.

Nobs fügt hinzu, dass der Artenschutz in jedes menschliche Tätigkeitsgebiet, einschliesslich Landwirtschaft, Tourismus und Waldmanagement, integriert werden sollte.

Populationsdruck

Die Schweiz ist nicht von den Biodiversitäts-Verlusten ausgenommen. Ungefähr 32% der wilden Pflanzensorten, 95% der Amphibien- und 80% der Reptilien-Arten sind bedroht oder bereits ausgestorben.

In den Schweizer Wäldern sind 24% der Vogelarten vom Aussterben bedroht.

Laut Nobs hat die Schweiz zwar eine Biodiversitäts-Strategie zur Hand, muss aber dennoch eine Menge Arbeit erledigen.

«Ein Land wie die Schweiz mit einer hohen Bevölkerungsdichte und einer ziemlich kleinen bewohnbaren Fläche leidet unter dem grossem Druck auf seine Artenvielfalt.»

Eine neue Studie über 70 Schweizer Fischarten zeige, so Nobs, dass acht Arten als ausgestorben und fünf als fast ausgestorben gelten sowie 45 weitere bedroht sind.

swissinfo, Vincent Landon
(Übertragung aus dem Englischen: Etienne Strebel)

Die 7. Konferenz der Vertragsparteien der Biodiversitäts-Konvention findet in Kuala Lumpur in Malaysia vom 9. bis 20 Februar statt.
Gleich darauf folgt das erste Meeting der Vertragspartner des Protokolls von Cartagena über Biosicherheit vom 23. bis 27. Februar.
Wissenschafter schätzen, dass auf der Erde zwischen 10 und 100 Millionen Pflanzen- und Tierarten leben.

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