Entwicklungshilfe: Schmid weist Kritik zurück
Kurz vor Beginn des UNO-Sondergipfels in New York hat Bundespräsident Samuel Schmid die Entwicklungspolitik der Schweiz verteidigt.
Er reagierte auf die harte Kritik von Nichtregierungs-Organisationen. Sie hatten der Regierung vorgeworfen, sie halte sich nicht an ihre Versprechen.
Über 170 Staats- und Regierungschefs ziehen diese Woche in New York Bilanz über das UNO-Milleniums-Projekt. In der Milleniums-Erklärung hatte die UNO als Ziel die Halbierung der extremen Armut in der Welt bis 2015 formuliert.
Die EU will dafür ihre Entwicklungshilfe erhöhen. Auch die führenden Industrienationen haben am G8-Gipfel eine Aufstockung der Entwicklungshilfe und einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder beschlossen.
Innenpolitisch unter Beschuss
Anders die Schweiz: Der Bundesrat lehnte es bisher ab, die Beiträge an die Entwicklungshilfe zu erhöhen, obwohl die Schweiz die Milleniums-Ziel mitunterzeichnet hat.
Deswegen war die Regierung im Vorfeld des Gipfels innenpolitisch unter Beschuss geraten. Nichtregierungs-Organisationen (NGO) kritisierten sie massiv, weil sie die Entwicklungshilfe von derzeit 0,41% des Bruttoinlandproduktes nicht auf die von der UNO geforderten 0,7% erhöhen will.
Qualität vor Quantität
Kurz vor Beginn des Gipfels betonte Bundespräsident Samuel Schmid in New York, auch bei der Entwicklungshilfe sei die Qualität wichtiger als die Quantität.
«Die Schweiz hält an ihrer Tradition, qualitativ hoch stehende Entwicklungshilfe zu leisten, fest. In diesem Zusammenhang ist nicht wichtig, wie viel ausgegeben wird, sondern wie man hilfsbedürftige Ländern unterstützt», erklärte er.
In diesem Bereich habe die Regierung das Budget erhöht und sie werde die Situation weiterhin beobachten.
UNO-Ziel
Schmid bezweifelte zudem, dass die Länder, die sich zum Milleniums-Projekt verpflichtet haben, die Ziele erreichen werden.
«Entwicklungsländern ist nicht mit Versprechungen geholfen, sondern mit konkreter Unterstützung.»
Auch der Schweizer UNO-Botschafter Peter Maurer sagte, die Schweiz habe keinen Grund, sich zu schämen. «In den letzten Jahren haben wir viel investiert in die Verpflichtungen, die wir eingegangen waren», sagte er gegenüber swissinfo. Die Schweiz sei ein wichtiges Geberland und in der Entwicklungs-Zusammenarbeit mit Sicherheit überdurchschnittlich engagiert.
«Ich verstehe, dass die NGO unser künftiges Engagement für ungenügend halten, aber wenigstens entspricht es dem, was wir tatsächlich leisten können. Es sind keine leere Versprechungen.»
Unbeeindruckt
Bastienne Joerchel von der Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke zeigte sich von den Argumenten der Regierung nicht beeindruckt.
Die Schweiz sei eines von lediglich vier Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die ihre Entwicklungshilfe nicht den UNO-Zielen entsprechend erhöhen wollen.
«Ein so reiches Land wie die Schweiz, die im Ausland als internationale Bank wahrgenommen wird, setzt damit ein sehr schlechtes Zeichen. Diese Haltung können wir nicht akzeptieren», sagte sie. Die Schweiz müsse dazu beitragen, dass die internationale Entwicklungshilfe verbessert werde.
Ringen um Beschlusspapier
Was das Ergebnis des UNO-Sondergipfels betrifft, zeigte sich Bundespräsident Schmid zuversichtlich. Im Gegensatz zu den Kritikern glaube er an den Erfolg des Gipfels, obwohl sich die Unterhändler bei der UNO schon im Vorfeld des Treffens kaum auf einen Beschlusstext für den Gipfel einigen konnten.
Man erhoffe sich vielleicht zu viel von einer Organisation, bei der es um so viele verschiedene Interessen gehe, so Schmid weiter.
«Die Schweiz hat hart gekämpft, um im Beschlusstext mehr zu erreichen. Das Endergebnis wird aber eher ein halbvolles als ein halbleeres Glas sein.»
Laut UNO-Generalsekretär Kofi Annan ist das Kompromiss-Papier, das am dreitägigen Gipfel diskutiert wird, ein «wichtiger Schritt nach vorne».
«Offensichtlich haben wir nicht alles erreicht, was wir wollten. Mit 191 Mitgliedstaaten ist es nicht einfach, zu einer Einigung zu kommen. Aber wir können mit dem arbeiten, was wir erhalten haben.»
swissinfo, Adam Beaumont in New York
(Übertragung aus dem Englischen: Nicole Aeby)
Am Mittwoch haben sich 170 Staats- und Regierungschefs in New York zum grössten Gipfel in der Geschichte der UNO eingefunden. Er dauert bis zum Freitag.
Um das Abschlussdokument des Gipfels haben 33 UNO-Unterhändler drei Wochen lang hart gerungen.
Der Text behandelt eine Fülle von globalen Problemen vom Abbau des Hungers über den Kampf gegen den Terrorismus bis zur Reform der Vereinten Nationen selbst.
In vielen Punkten enthält der Entwurf jedoch nur Grundsatzformulierungen, da keine Einigung im Detail erreicht wurde.
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