Freiwilligenarbeit in der Schweiz breit verankert
Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung leistet Freiwilligenarbeit. Frauen engagieren sich mehr im Privaten, Männer bevorzugen Vereine und Organisationen.
Die meisten helfen zudem mit Spenden. Die Freiwilligkeit ist vorwiegend in der Deutschschweiz verbreitet.
Aus Anlass des Internationalen Tags der Freiwilligenarbeit präsentierte die scheidende Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz am Mittwoch als Präsidentin der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) in Bern den ersten «Freiwilligen-Monitor 2007» der Schweiz.
Laut dieser Studie ist das Potenzial an Freiwilligen in der Schweiz vergleichsweise gross. Vier von fünf Einwohnern haben schon Freiwilligenarbeit geleistet. Nur gut jeder Fünfte über 15 Jahren hat sich noch nie freiwillig engagiert.
Ohne dieses riesige Engagement sähen die Milizdemokratie, der soziale Zusammenhalt, die kulturelle Vielfalt und der Breitensport trist aus, sagte die Präsidentin des Forums Freiwilligenarbeit und freisinnige Nationalrätin Christa Markwalder.
Mehr Freiwillige in der Deutschschweiz
Die Tätigkeit in Vereinen bezeichnet das Monitoring als «formelle Freiwilligkeit». Rund ein Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung ist in diesem Sinn engagiert. Der Anteil in der Deutschschweiz ist deutlich höhere als in der Romandie und im Tessin.
Die meisten der formell Freiwilligen sind in Sport- und Freizeitvereinen tätig (10% Bevölkerungsanteil). Weniger als 2% engagieren sich in politischen Parteien oder in Menschenrechts- und Umweltverbänden.
Männer- und Frauendomänen
Während bei der Freiwilligenarbeit in Vereinen die Männer in der Überzahl sind, ist die Freiwilligenarbeit ausserhalb von Organisationen eher eine Frauendomäne. Dabei handelt es sich vor allem um persönliche Hilfeleistungen für Freunde und Bekannte.
Die Autoren des Monitorings vermuten den Grund für die tendenzielle Übervertretung der Frauen in der Selbstlosigkeit dieses Engagements. Zudem sind hier verglichen mit der formellen Freiwilligkeit jene sozialen Gruppen stärker vertreten, die nicht im Arbeitsleben sind, wie beispielsweise Hausfrauen, Rentner und Arbeitslose.
Spendefreudigkeit
Die dritte Kategorie des freiwilligen Engagements im Monitoring ist das Spenden. Rund drei von vier Einwohnern der Schweiz gaben an, schon Geld oder Naturalien gespendet zu haben.
Diese hohe Beteiligung verglichen mit der Freiwilligenarbeit führen die Autoren auf die geringen Anforderungen an den Spender zurück. Wichtigste Voraussetzung ist es, sich eine Spende leisten zu können.
Nicht nur selbstlose Motive
Die Motive für freiwilliges Engagement sind laut dem Monitoring längst nicht nur selbstlos. Zwar spielten uneigennützige, wohltätige Aspekte eine wichtige Rolle. Für viele seien aber stärker selbstbezogene Argumente wie das Zusammensein mit Freunden oder der Spass an der Tätigkeit Hauptgrund ihres Engagements.
Der Anstoss für die Freiwilligenarbeit kommt allerdings oft von aussen, also über persönliche Kontakte und Netzwerke.
Auch über Instrumente zur Förderung der Freiwilligenarbeit machen sich die Autoren Gedanken. Sie kommen zum Schluss, dass man weniger bei der Anerkennung und Entschädigung ansetzen muss und vielmehr bei der Unterstützung und dem stärkeren Einbezug der Freiwilligen.
swissinfo und Agenturen
Für die Studie wurden 7410 Personen ab 15 Jahren aus der ganzen Schweiz befragt.
Durchgeführt hat die Befragung das Meinungsforschungsinstitut Demoscope im Herbst 2006.
Das Migros-Kulturprozent und das Bundesamt für Statistik (BFS) unterstützten den «Freiwilligen-Monitor».
Die Schweiz ist neben Deutschland eines der ersten Länder, welches über umfassende Kenntnisse des freiwilligen Engagements verfügt.
Die Schweiz ist weltweit das einzige Land, in welchem das «Freiwilligen-Monitoring» von der Zivilgesellschaft selbst getragen wird.
Der «Freiwilligen-Monitor» zeigt ein umfassendes Bild der Freiwilligkeit, der formellen und der informellen freiwilligen Arbeit und des Spendenverhaltens.
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