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«In jeder Stube ein Schweizer Christbaum»

Rund eine Million Weihnachtsbäume werden in der Schweiz nach Hause getragen. Keystone

Der Grossteil der Schweizer Weihnachtsbäume wird aus dem Ausland importiert. Dabei könnte die Schweiz den Markt abdecken.

Die Schweizer Christbaum-Produzenten haben reagiert und sich in einer Interessen-Gemeinschaft zusammengeschlossen. Ihr Ziel: weniger Importe.

Fast drei Viertel der Bäume, die in der Schweiz wachsen sind Nadelbäume. Das steht im Statistischen Jahrbuch der Schweiz, Ausgabe 2003. Die Schweiz ist ein waldreiches Land, und im Alpengebiet nimmt die Waldfläche seit Jahren kontinuierlich zu.

Anfang Dezember fiel der Startschuss für den Weihnachtsbaum-Verkauf in der Schweiz. Es mutet jedoch eigenartig an, dass die Schweiz selber nur eine untergeordnete Rolle spielt in der «Produktion» von Christbäumen.

Die meisten aus Dänemark

Der Markt für Weihnachtsbäume – er wird auf 1 Mio. Stück geschätzt – ist nämlich fest in ausländischen Händen. 70% aller in der Schweiz verkauften Bäume stammen aus dem Ausland, wobei die dänischen Tannenbäume den Markt dominieren.

Dänemark gilt europaweit als das Land, das die Produktion von Tannenbäumen am professionellsten betreibt. Rund 4000 Produzenten lassen rund 175 Mio. Bäume wachsen. Warum geht das nicht auch in der Schweiz? Warum kann der «Bedarf» nicht aus dem einheimischen Anbau gedeckt werden?

«Die Dänen waren halt schneller und wir in der Schweiz haben lange Zeit geschlafen», sagt Alfred Spaltenstein, der Präsident der IG Suisse Christbaum. Die Interessen-Gemeinschaft will den Schlaf beenden und tritt unter dem Slogan «in jeder Stube ein Schweizer Christbaum» gegen die ausländische Konkurrenz an.

Nordmanntanne

Spaltenstein baut selber Tannenbäume an und findet, auch der Geschmackswechsel der Kunden sei in der Schweiz lange Zeit nicht wahrgenommen worden. «Wir haben Rot- und Weisstannen geliefert, die Kunden hätten aber längst Gefallen an den Nordmanntannnen gefunden.»

Diese Tanne, mit Wurzeln im Kaukasus, hält doppelt bis drei Mal so lange wie eine Rottanne und verliert weniger Nadeln. Weil sie länger frisch bleibt, ist die Brandgefahr auch kleiner.

Der Markt für Tannenbäume ist in der Schweiz stabil und praktisch garantiert. Rund eine Million Bäume wird jedes Jahr gekauft.

10 Jahre Wachstum

Auch preislich könnten die Schweizer Produzenten mithalten, sagt Alfred Spaltenstein. Er ist denn auch optimistisch, dass der Anteil Tannenbäume aus der Schweiz von heute 30% auf 60 – 70% gesteigert werden könne. «Jeder Baum ein Schweizer Baum schaffen wir vermutlich nicht ganz», sagt Spaltenstein und lacht.

Doch bis es soweit sei, sagt der Bauer aus Kloten, würden noch einige Jahre vergehen. «Tannen müssen zuerst wachsen», sagt er «die Nordmanntanne braucht ihre 10 Jahre, bis sie ein Weihnachtbaum ist.»

Nachhelfen würde er nicht gross. «Die Dänen haben vielleicht etwas die besseren Bodenverhältnisse», sagt Spaltenstein, «aber ich dünge und spritze meine Bäume kaum.»

Umweltlabel

Hier nun setzt der WWF Schweiz mit seiner Kritik an. Die meisten Tannenbäume, so der WWF, hätten bereits Hunderte von Kilometern auf der Strasse zurückgelegt, bis sie beim Konsumenten, der Konsumentin seien.

Daneben seien sie mit einer grossen Menge Gift und Dünger behandelt worden. Viele der immergrünen Tannenbäume seien in landwirtschaftlichen Kulturen nicht gewachsen, sondern richtiggehend «aufgepäppelt» worden.

Der WWF ruft deshalb dazu auf, Bäume mit dem Label des «Forest Stewardship Councils (FSC)» zu kaufen.

Diese «grünsten Weihnachtsbäume der Schweiz» würden gänzlich ohne Gift und Dünger aufgezogen. Selbst die Schmier- und Treibstoffe der Motorsägen seien biologisch abbaubar.

Die Weihnachtsbäume von Alfred Spaltenstein und der «IG Suisse Christbaum» entsprechen den Kriterien der FSC. «Schweizer Tannenbäume sind ohnehin die ökologischere Variante», sagt Spaltenstein, «sie haben noch nicht tausende von Strassenkilometern hinter sich.»

Grossverteiler machen mit

Alles steht und fällt aber mit dem Vertrieb und Verkauf. Wenn die grossen Detaillisten der Schweiz nicht mitmachen, dürfte es der Schweizer Tannenbaum trotzdem schwer haben. Die Handelskonzerne können einen Telefonanruf ins Ausland machen und die Grosslieferung kommt.

Das sei in der Schweiz vorerst noch etwas aufwendiger, sagt Spaltenstein. Doch hätten Migros und Coop Mitmachen signalisiert. Schon in diesem Jahr hätten die Schweizer Christbäume eine bessere Startposition.

swissinfo, Urs Maurer

An Weihnachten werden in der Schweiz rund 1 Mio. Christbäume verkauft
70% der Bäume stammen aus dem Ausland.
Die IG Suisse Christbaum will den Anteil einheimischer Christbäume auf 60 bis 70% steigern.
In der IG sind die Schweizer Christbaum-Produzenten zusammengeschlossen.

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