Interkulturelle Kompetenz: Schlüssel zum Erfolg
Der Mensch wird immer mobiler, die Kommunikation schneller, die Geschäfte sind grenzenlos: Im Zeitalter der Globalisierung ist interkulturelle Kompetenz gefragt.
Wer in unterschiedlichen Kulturen erfolgreich tätig sein will, muss deren Sitten und Gepflogenheiten kennen, sonst geht vieles schief.
«In Südkorea muss man trinkfest sein, in Italien sind Verspätungen an der Tagesordnung, die Amerikaner wollen gleich zum Punkt kommen, die Chinesen pflegen hingegen zuerst lange Höflichkeiten auszutauschen, in Japan hat die Tischordnung enorme Wichtigkeit, in Österreicher muss man stark auf Titel achten.»
Thomas Baumer, Leiter und Gründer des Zentrums für Interkulturelle Kompetenz CICB (Center of Intercultural Competence) in Kloten, könnte unzählige weitere Beispiele nennen.
Für den gelernten Betriebswirtschafter, der seit Jahren international tätig ist, über 65 Länder bereist hat und ein halbes Dutzend Sprachen spricht, ist ein erfolgreicher Umgang mit anderen Kulturen, sei das im Geschäftsleben oder in der Politik, der Schlüssel zum Erfolg.
«Interkulturelle Kompetenz setzt sich aus drei Säulen zusammen: Dem Wissen über das fremde Land und seine Leute, aus Einfühlungsvermögen und Selbstbewusstsein.»
Respekt vor dem anderen
Vertrauensbildung und eine ethische Grundlage seien die Basis für einen erfolgreichen Geschäftsabschluss, so Baumer im Gespräch mit swissinfo. «Ehrlich sein und das Gegenüber respektieren.» Zudem müsse man die Tabu-Themen kennen.
«Politische und religiöse Themen sind sehr oft heikel. In südlichen Ländern wie Italien oder Spanien wird an einem Meeting zuerst über Fussball gesprochen. In den USA kommt man gleich zum Geschäft.»
Noch immer schwierig sei es zum Beispiel in arabischen Ländern für Frauen. «Mindestens ein Pro-Forma-Begleiter ist von Vorteil», empfiehlt Baumer.
«Und in der arabischen Welt, wo man sich meistens auf den Boden setzt, darf man seinem Gesprächspartner keinesfalls die Schuhsohlen entgegenstrecken. Das ist eine der grössten Beleidigungen.»
Zudem sei auf die Kleidung zu achten: «Am besten kleidet man sich ‹businessmässig› und im Zweifelsfall eher konservativ als zu locker.»
Zwischen den einzelnen Ländern einer Region bestünden grosse Unterschiede, sogar innerhalb der Länder selbst. «Man sieht die Gemeinsamkeiten. Generalisieren darf man jedoch nicht. Dadurch könnten Vorurteile entstehen.»
Interdisziplinärer Bereich
Interkulturelle Kompetenz hat in den letzten Jahren, im Zeitalter der Globalisierung, auf allen Gebieten an Bedeutung gewonnen. Und diese Fähigkeit, mit Menschen anderer Kulturen kommunizieren zu können, kann gelernt werden: An Universitäten und Fachhochschulen, aber auch an privaten Instituten.
Interkulturelle Kompetenz sei mehr als ein Modetrend, so Thomas Baumer: «Es ist ein interdisziplinärer Bereich und betrifft alle, nicht nur die Wirtschaft, die Politik, sondern auch Ärzte, die sich in andere Kulturen einfühlen müssen, Juristen, Psychologen usw.»
Es gehe nicht nur um die Schweiz und China als Beispiel, sondern auch um Mann und Frau, um verschiedene Alterstufen, um Unternehmenskulturen bei Fusionen.
Die Geschäftswelt habe die Bedeutung der interkulturellen Kompetenz zum Teil erkannt und sei auf gutem Wege, so Baumer. Denn ein geübter Umgang mit verschiedenen Kulturen ist auch für lokale Unternehmer wichtig, da jeder vierte Arbeitsplatz in der Schweiz von einer ausländischen Person besetzt ist.
Um ein gutes Arbeitsklima zu schaffen, müssen Personalverantwortliche heutzutage über einen guten Umgang mit Migrantinnen und Migranten verfügen.
Kommunikation und Sozialkompetenz
Die Kompetenz im Umgang mit anderen Kulturen ist auch in der täglichen Arbeit der DEZA, der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, von Bedeutung.
Wie Pressechefin Barbara Affolter gegenüber swissinfo erklärte, werden Mitarbeitende in Kursen auf ihren Einsatz im Ausland vorbereitet.
«Für jede Person, die in der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe arbeitet, ist die Sensibilität gegenüber der interkulturellen Kommunikation zentral. Zwischenmenschliche Kommunikation ist ein Schlüsselbereich der Arbeit in der DEZA.»
Die DEZA unterstützt seit 2003 auch die Stelle einer Kulturberaterin des UNO-Bevölkerungs- und Entwicklungsfonds (UNFPA), die das kulturelle Verständnis in der Entwicklungs-Zusammenarbeit fördern will.
Nicht zu vergessen Politik und Diplomatie. Bei Staatsbesuchen können sich die Verantwortlichen allerdings an das Protokoll halten, das fast jeden Schritt vorschreibt.
Und in der Diplomatie existieren internationale Richtlinien, die vermeiden helfen, ins Fettnäpfchen zu treten.
«Je weniger vorgeschrieben und vorgegeben ist, desto komplexer der Umgang», betont Thomas Baumer.
swissinfo, Gaby Ochsenbein
Das CICB wurde im Jahr 2000 von Thomas Baumer gegründet.
Der gelernte Betriebswirtschafter war 13 Jahre bei Swissair tätig.
Er hat über 65 Länder bereist und spricht mehrere Sprachen.
Baumer hat zwei Handbücher zur Interkulturellen Kompetenz im orell füssli verlag veröffentlicht.
Interkulturelle Kompetenz hat in den letzten Jahren mit der zunehmenden Globalisierung an Bedeutung gewonnen.
Unter interkultureller Kompetenz versteht man die Fähigkeit, mit Menschen unterschiedlicher Kulturen erfolgreich kommunizieren zu können.
Sie beruht auf dem Wissen über andere Länder und Menschen, Sensibilität und Selbstvertrauen.
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