Jeder dritte Krebsfall wäre vermeidbar
Die Schweiz will den Kampf gegen Krebs besser koordinieren. Ein Nationales Programm soll die Krebsfälle um einen Drittel reduzieren.
Vier von zehn Menschen erkranken hierzulande an Krebs. Er ist für einen Viertel aller Todesfälle verantwortlich.
Jeder zweite Schweizer und jede dritte Schweizerin erkranken irgendwann in ihrem Leben an Krebs. Jahr für Jahr treten in der Schweiz 31’000 neue Fälle auf und 15’000 Personen sterben an der Krankheit.
Krebs ist damit die Todesursache Nummer zwei in unserem Land – nach den Herz-Kreislauf-Krankheiten. Berechnet man die Anzahl der verlorenen Lebensjahre, liegt Krebs gar an der Spitze, wie Doris Schopper von der Schweizer Vereinigung gegen Krebs Oncosuisse am Freitag sagte. Denn an Krebs würden Menschen früher in ihrem Leben erkranken als an Herz-Kreislauf-Beschwerden.
Programm bis 2010
Schopper ist Hauptautorin des Nationalen Krebsprogramms 2005-2010 von Oncosuisse. Das Programm wurde vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Gesundheitsdirektoren-Konferenz (GDK) in Auftrag gegeben. Die Krebsbekämpfung soll damit auf eidgenössischer Ebene koordiniert werden.
Das Programm definiert drei übergeordnete Ziele: Durch Prävention soll Krebs seltener auftreten. Durch Früherkennung soll Krebs seltener tödlich enden. Und durch Behandlung und Pflege soll die Lebensqualität von Kranken und Angehörigen besser werden.
Falsch eingesetzte Mittel
Schopper kommt zum Schluss, dass ohne finanziellen Mehraufwand mindestens ein Drittel der Krebsfälle verhindert werden könnten. Momentan würden die Mittel häufig am falschen Ort eingesetzt. «Einerseits werden Ressourcen verschleudert, woanders fehlen sie für wichtige Massnahmen», sagte sie.
Ein Beispiel sei der verbreitete Lungenkrebs: Für die Behandlung werden in der Schweiz rund 360 Mio. Franken pro Jahr ausgegeben – mit «relativ geringem Nutzen», wie Schopper sagte. In die Tabakprävention, mit der Lungenkrebs weitgehend verhindert werden kann, fliessen hingegen nur rund 20 Mio. Franken jährlich.
Vorbeugen und sparen
Auch fehlende Koordination verursacht laut Schopper Mehrkosten. Etwa beim Muttermundkrebs: Dieser Krankheit könnte vorgebeugt werden, indem Frauen ab 25 Jahren alle drei Jahre eine Untersuchung machen. Schweizweit wären so rund 520’000 Untersuchungen pro Jahr nötig. Momentan liege die Zahl aber bei 1,2 Mio. – obwohl sich 20% der Frauen noch nie untersuchen liessen.
Für Oncosuisse-Direktor Reto Obrist ist angesichts solcher Beispiele klar, dass der Bund die Leitung in der Krebsbekämpfung übernehmen sollte. Es sei eine enge Zusammenarbeit von BAG und GDK nötig, um verschiedene Aktivitäten zu koordinieren, sagte er.
Nationales Krebsregister
Ein wichtiges Ziel sei etwa die Gründung eines nationalen Zentrums für Krebsepidemiologie, an dem Krebsdaten statistisch erfasst und ausgewertet werden. Momentan, sagte Oberli, wisse man einfach zu wenig darüber, wie viele Menschen wo, wie und mit welchem Erfolg gegen Krebs behandelt würden.
Bund und Kantone müssen letztlich auch entscheiden, ob und in welcher Form das Krebsprogramm umgesetzt wird. Entsprechende Gespräche mit Gesundheitsminister Couchepin seien ermutigend verlaufen, sagte Obrist. BAG und Kantone würden nun prüfen, ob das Programm in die Ziele der nationalen Gesundheitspolitik aufgenommen werde.
swissinfo und Agenturen
In der Schweiz treten jedes Jahr 31’000 neue Krebsfälle auf.
An dieser Krankheit sterben hierzulande jährlich 15’000 Menschen.
Krebs ist die zweithäufigste Todesursache nach Herz- und Kreislaufkrankheiten.
Die Hälfte aller Männer und ein Drittel aller Frauen erkranken an Krebs.
Fachleute sagen, dass ein Drittel der Krebsfälle durch eine bessere Koordination vermieden werden könnte.
Der Verein Oncosuisse wurde 1999 gegründet.
Er vereinigt das Schweizerische Institut für angewandte Krebsforschung Bern (SIAK), das Schweizerische Institut für experimentelle Krebsforschung (ISREC) und die Krebsliga Schweiz (KLS) unter einem Dach.
Als Dachorganisation engagiert sich Oncosuisse für strategisch-politische Anliegen im Krebsbereich.
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