Mit miniaturisierter Technologie in die Zukunft
Ein nationales Forschungsprogramm unter der Bezeichnung "Nano-Tera" soll den Ingenieurwissenschaften in der Schweiz zu neuem Elan verhelfen. Das Zauberwort lautet: Nanotechnologie.
Diese soll in Zukunft ganz neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnen, beispielsweise in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit und Umwelt – und die Schweiz zu einem Technologie-Leader machen.
Das in Bern vorgestellte Programm «Nano-Tera» – was etwa so viel heisst wie «ganz klein – ganz viel» – erwartet von den Forschenden, dass sie Sensoren und Geräte mittels Nanotechnologie und Mikrotechnik miniaturisieren. Gleichzeitig sollen diese eine grössere Menge von Daten verarbeiten können. Anwendungsgebiete sind Gesundheit, Sicherheit und Umwelt.
«Nano-Tera» wurde vom ETH-Rat und von der Schweizerischen Universitätskonferenz (SUK) im Auftrag des Bundes geschaffen. Ziel ist es, die Kräfte der schweizerischen Forschung in einem für die Wissenschaft und Industrie zukunftsweisenden Bereich zu bündeln und die Schweiz dadurch wettbewerbsfähiger zu machen.
Hohes wirtschaftliches Potenzial
Wie der neue Staatsekretär für Bildung und Forschung, Mauro Dell’Ambrogio, sagte, stellt der Bund für «Nano-Tera» 60 Millionen Franken zur Verfügung. Gleichzeitig werden nach dem Prinzip des «Matching-Fund» von den beteiligten Hochschulen pro bewilligtes Projekt Eigenbeiträge in der selben Höhe verlangt.
Modernste Informations- und Kommunikationssysteme trügen ein hohes wirtschaftliches Potenzial in sich, sagte Dell’Ambrogio. Deshalb erwarte der Bund von der Wirtschaft, dass auch sie ihren Beitrag an «Nano-Tera» leiste. Öffentlich geförderte Forschung und Privatwirtschaft müssten zusammenwirken.
Zukunftsprodukte in Sicht
«Wir wollen mit diesem Programm mögliche Produkte vorausforschen», sagt Patrick Aebischer, Präsident der Eidg. Technischen Hochschule Lausanne (EPFL), gegenüber swissinfo. «Nano-Tera» will dafür auch Partner aus der Industrie gewinnen.
Das Herz eines Athleten oder Patienten könnte zum Beispiel überwacht werden, indem die Person ein Spezialhemd angezogen hat, das via Nano-Netzwerk dem Herzspezialisten laufend neuste Informationen übermittelt.
Schwierige Aufgabe
Die Nanotechnologie ist heute bereits so weit entwickelt, dass sie für Monitoring-Zwecke eingesetzt werden könnte. Allerdings ist die Entwicklung solcher Systeme schwierig, erklärt Boi Faltings, Wissenschafter an der EPFL.
«Wir werden eine grosse Anzahl von kleinen Geräten herstellen, die eine Menge von Daten generieren, sagt er gegenüber swissinfo. «Es wird eine Herausforderung sein, diese Systeme zu managen und ihre Zuverlässigkeit zu garantieren.»
Umwelt-Monitoring
Laut Faltings wird eine Überwachung der Umwelt mit Nanotechnologie Experten ein genaueres Bild liefern. Dies wird ihnen erlauben, neue Phänomene und Trends zu entdecken, zum Beispiel wie Leute auf Umweltverschmutzung reagieren.
«Wir können Krankheiten nicht allein durch Gen-Analyse heilen. Wieso also nicht die Reaktionen der Leute auf Umweltveränderungen beobachten? Hier wissen wir noch nicht sehr viel, also müssen wir Daten sammeln.»
Eine Möglichkeit wäre die Anwendung nanotechnologischer Systeme des Programms, um Pandemien wie die Vogelgrippe aufzuspüren.
Gefahr für die Privatsphäre
Es gibt Bedenken, dass derartige Systeme die Privatsphäre eines Menschen gefährden könnten, wenn dieser ständig überwacht wird. Faltings sieht dieses Problem, glaubt aber, dass es lösbar ist.
«Es gibt neue Technologien, die mit Daten operieren, ohne die Quelle der Informationen zu nennen. Es geht nicht darum, Individuen zu identifizieren, sondern gesamtheitliche Fragen zu beantworten», so der Wissenschafter.
Ingenieur-Wissenschaften beleben
Das Nano-Tera-Projekt kostet rund 120 Millionen Franken in den nächsten vier Jahren. Eines der Hauptziele ist die Wiederbelebung der Ingenieur-Wissenschaften, insbesondere an den Universitäten.
Nach Ansicht von Giovanni De Micheli, Sprecher des Nano-Tera-Programms, müssen die westlichen Länder angesichts der Konkurrenz in Asien ihre Position in diesem Bereich überdenken und versuchen, die qualifiziertesten Studenten zu gewinnen.
«Wir möchten zeigen, dass Ingenieur-Wissenschaft nicht nur bedeutet, einfach hinter dem Computer zu sitzen», sagt De Micheli. «Es geht um die Entwicklung von Systemen, die eine Wirkung auf die Gesellschaft haben.»
swissinfo, Scott Capper
(Übertragung aus dem Englischen: Jean-Michel Berthoud)
An dem Programm beteiligen sich die beiden ETH Zürich und Lausanne, die Universitäten Basel, Neuenburg und der italienischen Schweiz sowie das Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik (CSEM) in Neuenburg.
«Leading House» ist die ETH Lausanne, die Oberaufsicht hat der Schweizerische Nationalfonds (SNF).
Das Forschungsprogramm kostet 120 Mio. Franken in den nächsten vier Jahren. 40 Mio. kommen von den beiden ETH, 20 Mio. von der Schweizereischen Universitätskonferenz (SUK).
Exakte Erfassung von verschiedenen Gesundheitsrisiken.
Aufdeckung von Sicherheitsrisiken durch «intelligente» Geräte und Detektoren.
Energiesparmassnahmen durch Raumsensoren (z.B. automatisches Ausschalten des Fernsehapparates beim Verlassen des Raums).
Erkennen und Überwachen von Umweltgefahren wie Überschwemmungen oder Lawinen.
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