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Neues Medikament für Kinder gegen Malaria

Von der Malaria sind vor allem Kinder in Afrika betroffen. Keystone

Noch immer sterben weltweit jedes Jahr über eine Million Menschen an Malaria, 90% davon in Afrika. Mehr als 300 Millionen erkranken an der Seuche. Die grosse Mehrheit der Malaria-Toten sind Kinder unter fünf Jahren und schwangere Frauen.

Rund 700’000 der Todesopfer sind Kinder. Das heisst, alle 30 Sekunden stirbt ein Kind an Malaria. Seit einigen Monaten ist ein speziell für Kinder entwickeltes Medikament auf dem Markt.

Es lässt neue Hoffnung aufkommen im Kampf gegen die Armuts-Seuche, die vor allem in Afrika südlich der Sahara grassiert. In Afrika sterben mehr Kinder an Malaria als an Aids.

Um die Seuche in Schach zu halten, wird heute vor allem auf den Einsatz von Moskito-Netzen gesetzt, die mit Insektiziden behandelt sind, sowie auf die Behandlung mit Medikamenten mit dem Wirkstoff Artemisinin. Verbessert werden muss auch die Abgabe der Medikamente an die Kranken.

Bei einer Veranstaltung im Vorfeld des Welt-Malaria-Tages vom 25. April hat der Schweizer Pharma-Konzern Novartis bei der UNO in New York ein Medikament für Kinder präsentiert, eine Weiterentwicklung seines Malaria-Mittels Coartem. Die Eindämmung und schliesslich die Ausrottung der Malaria gehören zu den Millenniums-Zielen der UNO.

Öffentlich-private Partnerschaften

Im Rahmen einer öffentlich-privaten Zusammenarbeit mit der Weltgesundheits-Organisation (WHO) gibt Novartis seit 2001 sein Malaria-Mittel Coartem für Entwicklungsländer – in denen Malaria epidemisch auftritt – zu Produktionskosten ab. Bisher hat das Unternehmen schon mehr als 200 Millionen Behandlungsdosen geliefert, wie Hans Rietveld von der Malaria-Initiave von Novartis erklärte.

Der Herstellungspreis des Mittels konnte seit 2001 um insgesamt 50% gesenkt werden und liegt heute bei 37 Cents pro Behandlungsdosis. Das Kinder-Medikament wird zum selben Preis abgegeben.

Bisher waren Kinder mit zerstossenen Tabletten für Erwachsene behandelt worden. Das Medikament ist bitter und Kindern daher nur schwierig zu verabreichen. In der neuen kindergerechten Formel ist es in wenig Wasser auflösbar und leicht süss.

Ermutigende Fortschritte

Seit einigen Jahren gibt es auch ermutigende Fortschritte im Kampf gegen die Seuche, dank der Unterstützung gewichtiger Spender wie der Stiftung von Bill und Melinda Gates. Einige Länder, wie jüngst Mosambik, konnten nach eigenen Angaben die Zahl der Malaria-Toten und -Infektionen 2008 erstmals seit Jahren deutlich senken.

Um das Bewusstsein für den Kampf gegen Malaria weiter zu fördern, taten sich in den letzten Jahren vermehrt Institutionen aus dem privaten und dem öffentlichen Bereich zu Private-Public Partnerships (PPPs) zusammen.

Die Entwicklung von Coartem Dispersible, der kindergerechten Formel des Malaria-Mittels, ist ebenfalls das Resultat einer solchen Partnerschaft zwischen Novartis und der Organisation Medicines for Malaria Ventures (MMV) mit Sitz in Genf.

Schweizer Unterstützung

Die Schweiz misst dem Kampf gegen Malaria grosse Bedeutung zu. In der Allianz Swiss Malaria Group (SMG) arbeiten Akteure aus Politik, Wirtschaft, Forschung und Zivilgesellschaft eng zusammen. Durch den vereinten Einsatz ihrer Kräfte erhoffen sich die Akteure, die Wirkung ihrer Tätigkeiten sowohl in der Forschung als auch vor Ort zu verstärken.

«Die Schweiz unterstützt die Organisation MMV pro Jahr mit einer Million Franken», sagt Heidi Grau, stellvertretende UNO-Botschafterin der Schweiz in New York, gegenüber swissinfo.

«Die Organisation MMV trat zu einem Zeitpunkt auf den Plan, als es bei vielen Pharma-Firmen kaum mehr Engagement gab für die Suche nach wirkungsvollen und erschwinglichen Malaria-Medikamenten.» MMV sei es gelungen, diesem Thema von einer anderen Seite herkommend neuen Schwung zu verleihen und wieder vermehrt Aufmerksamkeit für das Problem zu schaffen.

«Die grosse Tragödie von Malaria sind nicht nur die vielen Toten, sondern die Tatsache, dass diese verhindert werden könnten», sagt Heidi Grau.

Andauernde Herausforderung

Mit der Entwicklung eines kindergerechten Medikamentes sei ein grosser Schritt getan, sagt MMV-Vertreter Antony Kalm. Die Herausforderungen blieben aber gross. «Die Ausrottung der Seuche ist zwar in Reichweite, aber es braucht noch mehr politischen Willen und noch mehr Ressourcen.»

Da der Malaria-Parasit sich rasch verändere und damit immer die Gefahr von Resistenzen drohe, brauche es die Entwicklung weiterer Medikamente, auch die Forschung nach einem Impfstoff dauere an.

Zudem gebe es trotz gewissen Fortschritten noch immer Defizite im Bereich der Verteilung der Medikamente an die arme Bevölkerung, die oft in abgelegenen Regionen lebe, sagt Kalm.

swissinfo, Rita Emch, New York

Malaria wird verursacht von Parasiten der Gattung Plasmodium. Übertragen wird die Krankheit durch den Stich der weiblichen Anopheles-Mücke.

Laut Expertenschätzungen erkranken jährlich zwischen 300 Mio. und 500 Mio. Menschen an Malaria. Über eine Million sterben, fast 90% davon Kinder in Afrika. Die Weltgesundheits-Organisation schätzt, dass der Wirtschaft Afrikas dadurch rund 12 Mrd. Dollar verloren gehen.

Zwei wirksame Methoden, die Anopheles fern zu halten, sind mit Insektiziden behandelte Moskitonetze und der Einsatz von Insektizid-Spray im Innern von Häusern.

Gegenwärtig sind die wirksamsten Medikamente Kombinations-Präparate mit dem Wirkstoff Artemisinin, der auf eine in China seit Jahrhunderten zur Senkung von Fieber genutzte Pflanze zurückgeht, den einjährigen Beifuss (Artemisia annua).

Für einen wirksamen Kampf gegen Malaria braucht es neben der Behandlung mit erschwinglichen Medikamenten und der Verteilung von Moskito-Netzen eine Reihe weiterer koordinierter Aktionen.

Dazu gehören Informationskampagnen, die effiziente Verwaltung und Abgabe von Medikamenten und Präventionsmaterial, Ausbildung des Pflegepersonals und die Entwicklung neuer Therapieansätze wie einer Impfung.

Der Kampf gegen die Malaria ist nicht zuletzt ein gezielter Einsatz gegen die Armut insgesamt, denn Malaria ist eine Krankheit, die aus Armut entsteht, aber auch Armut verursacht.

Die gemeinnützige Organisation MMV mit Sitz in Genf wurde vor 10 Jahren mit dem Ziel gegründet, wirksame und erschwingliche Malaria-Wirkstoffe und -Medikamente mit Hilfe von privat-öffentlichen Partnerschaften zu entdecken, zu entwickeln und zu den Erkrankten zu bringen.

MMV arbeitet heute mit gegen 100 Partnern aus der Wissenschaft und der Pharma-Industrie und mit Partnern in über 30 Staaten zusammen, in denen die Seuche epidemisch vorkommt. MMV nutzt im Kampf gegen Malaria Gelder von privaten Stiftungen und von Regierungen bei der Zusammenarbeit mit dem Privatsektor.

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