Schweiz bekämpft Arzneimittel-Fälschungen
Die Schweiz beteiligt sich an einer europaweiten Kampagne, Fälschungen von Arzneimitteln zu bekämpfen. Sie sind auch ein Risiko für alle Nutzer.
Diese Woche findet darüber ein Seminar des Europarats statt, das vom Heilmittel-Institut Swissmedic mitangeregt wurde.
In den letzten drei Jahren sind in der Schweiz zwei prominente Fälle von Arzneimittel-Fälschungen aufgedeckt worden. 2002 wurde ein Grosshändler in Basel erwischt, als er umgepackte Arzneimittel für insgesamt 23 Mio. Franken nach Deutschland weiter verkaufte.
2004 beschlagnahmte der Schweizer Zoll Heilmittel zur AIDS-Bekämpfung, die aus einer Sendung gestohlen worden waren, die die Weltgesundheits-Organisation nach Afrika geschickt hatte.
Wiederholt hat Swissmedic zudem vor riskantem Medikamentenhandel im Internet gewarnt. Im Netz würden hunderte nicht zugelassener, gefälschter, qualitativ schlechter oder wirkungsloser Arzneimittel angepriesen. Zudem gebe es über diese Quelle auch rezeptflichtige Medikamente zu kaufen.
Das Schweizer Heilmittel-Institut hatte vor zwei Jahren beim Europarat angeregt, eine Arbeitsgruppe einzusetzen und ein europäisches Seminar in Strassburg durchzuführen, weil dieses Problem die Grenzen überschreitet.
Nicht überall illegal
«Das Problem ist europaweit anzutreffen», sagt Swissmedic-Sprecher Paul Dietschy, «was heisst, dass wir zusammenarbeiten müssen.»
Einige Länder müssen laut Dietschy ihre Gesetzgebung anpassen, da Arzneimittel-Fälschungen nicht überall illegal seien. «Ausserdem müssen wir Schwierigkeiten rund um den Datenschutz lösen, der uns davon abhält, zu Informationen zu kommen», sagt Dietschy gegenüber swissinfo.
Gesetzliche Grundlagen vorschlagen
Am Europaratsseminar werden vom kommenden 21. bis 23. September in Strassburg Vertreter aller 46 Europarat-Staaten erwartet, zusammen mit Gesundheits-Experten, Patienten-Organisationen und Spezialisten aus der Pharmaindustrie.
«Wir brauchen eine Zusammenarbeit von Zoll-, Gerichtsbehörden und Polizei einerseits und der Pharmaindustrie inklusive Hersteller, Grossverteiler und Abgabestellen», sagt Dietschy.
Nebst Fälschungen würden auch Präparate berücksichtigt, die ebenfalls die Gesundheit bedrohten. Dazu gehörten etwa Arzneimittel ohne behördliche Zulassung, die für wichtige Indikationen angepriesen werden, oder Nahrungsergänzungsmittel, die pharmazeutische Wirkstoffe enthalten.
In behördlich kontrollierten Schweizer Abgabestellen – Spitäler, Apotheken, Drogerien, Arztpraxen – wurden bisher keine gefälschten Medikamente festgestellt.
Behörden, Medizinalpersonen, Hersteller und Grosshändler müssten dennoch alles unternehmen, damit weiterhin keine Fälschungen in den Handel gelangen.
Phänomen in der Dritten Welt bekannt
Arzneimittel-Fälschungen sind in Europa ein relativ neues Phänomen, das in den letzten fünf Jahren jedoch stark zugenommen hat. «Seit vielen Jahren jedoch sind gefälschte Arzneimittel in der Dritten Welt im Umlauf», so Dietschy.
In ganz Europa flogen rund 15 grosse Fälle auf – es sei auch viel Geld in diesem «Business» eingebunden. Im Europarat schätzt man, dass sich in Europa wissentlich gefälschte und umgenannte Arzneimittel auf dem Vormarsch befinden.
«Dies stellt für Europas Bürger ein erhebliches Gesundheits-Risiko dar», so Dietschy.
swissinfo, Matthew Allen und Agenturen
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)
Laut Europarat machen gefälschte Arzneimittel zwischen 6 und 20% des Anteils in den Märkten der Mitgliedstaaten aus.
In Strassburg wird zwischen dem 21. und 23. September ein Seminar des Europarats stattfinden.
Das Seminar ist von Swissmedic, dem Schweizer Heilmittelinstitut, mitiniziiert worden.
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