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Schweizer Akten wieder unter Verschluss

Die Schatten der Vergangenheit sind schwierig aufzuarbeiten. Keystone

Nach drei Jahren des liberalen Zugangs zu den Akten über Südafrika hat die Regierung die Türen des Bundesarchivs wieder verschlossen.

Sie befürchtet eine Benachteiligung der Schweizer Firmen bei den Sammelklagen in den USA.

Im Mai 2000 hatte der Bundesrat den Nationalfonds beauftragt, mit einem Nationalen Forschungsprogramm (NFP 42+) die Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika zu untersuchen. Dazu forderte er die Bundesverwaltung auf, einen liberalen Zugang zu Akten im Bundesarchiv zu gewährleisten.

In der Zwischenzeit sind in den USA Sammelklagen gegen verschiedene Firmen mit Geschäftsbeziehungen zu Südafrika eingereicht worden. Sie betreffen auch Schweizer Unternehmen.

Verweis auf einmalige historische Aufarbeitung

Für den Bundesrat haben sich damit die Bedingungen für einen liberalen Zugang zu den Südafrika-Akten geändert. Kein Land ausser der Schweiz leiste eine dem NFP 42+ vergleichbare historische Aufarbeitung, schreibt das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD).

Der dazu erforderliche Zugang zu den Akten verschlechtere die Parteistellung der eingeklagten Schweizer Unternehmen gegenüber anderen Beklagten. So bestünde das Risiko, dass Schweizer Unternehmen aufgrund des leichteren Zugangs zu entsprechenden Daten aus dem Kontext isoliert und in verzerrtem Ausmass belastet würden.

Kein rechtlicher Anspruch auf Einsicht

«In der Güterabwägung zwischen der möglichst breiten Abstützung von Forschungsergebnissen einerseits und gleich langen Spiessen in internationalen Rechtsverfahren andererseits hat sich der Bundesrat für den Schutz der Rechtsgleichheit von schweizerischen und ausländischen Verfahrensparteien entschieden», heisst es in der Mitteilung.

Das EFD hält weiter fest, dass kein rechtlicher Anspruch auf freien Zugang zu den Akten im Bundesarchiv bestehe. Der Bundesrat wolle den Zugang zu den betreffenden Unterlagen nur befristet einschränken und periodisch überprüfen, ob die Bedingungen für eine breitere Öffnung der Archive wieder gegeben seien.

Forschung behindert…

Gemäss EFD wird auch geprüft, wie das laufende NFP 42+ möglichst ungehindert abgeschlossen werden kann.

Für den Leiter des NFP 42+, Georg Kreis, kommt der Entscheid der Regierung nicht überraschend. Der Basler Geschichtsprofessor sagte gegenüber swissinfo, er bedaure es sehr, dass die Arbeitsbedingungen während des Forschungsprozesses geändert worden seien.

«Andererseits habe ich ein gewisses Verständnis dafür. Denn wenn historische Forschung in die heutige Zeit greift, gibt es das Risiko, dass die Rahmenbedingungen sich ändern und die Bedingungen, unter denen wir forschen, beeinflussen.»

Christian Mottas, der das wissenschaftliche Sekretariat des Programms führt, fügte an, der Grossteil der Archivarbeit habe im vergangenen Herbst und Winter stattgefunden.

Das Forschungsprogramm läuft bis Herbst 2003. Für Georg Kreis ist klar, dass man bis dann nicht das ganze Thema vollständig aufarbeiten kann. Man werde den Zusammenhang zwischen Informationen und Terminen aufzeigen müssen. «Und besonders müssen wir den Eindruck vermeiden, wir hätten Zugang zu allem gehabt. Das wird auch im Abschlussbericht stehen. Wir wollen in keiner Weise ‹weisswaschen›.»

… oder gar ad absurdum geführt?

Härter ins Gericht mit dem Regierungsentscheid geht die «Aktion Finanzplatz Schweiz», welche sich seit Jahren für die Aufarbeitung der Beziehungen Schweiz – Südafrika einsetzt. Das Forschungsprogramm werde so «ad absurdum geführt». Es sei ein «peinlicher Rückzieher, welcher der Glaubwürdigkeit der Schweizer Regierung schadet».

«Wir fragen uns, was das Eidgenössische Finanzdepartement gegenüber der Öffentlichkeit zu verstecken hat. Oder genügte der Druck der beklagten Grossbanken und Unternehmen, um die berechtigten Interessen der Öffentlichkeit an der Wahrheit an die zweite Stelle rücken zu lassen?», schreibt die Nichtregierungs-Organisation in ihrem Communiqué weiter.

Auf den Ausgang der ersten Phase des Prozesses vor den amerikanischen Gerichten werde dieser Entscheid ohnehin keine Folgen haben. Denn falls die Klagen als relevant akzeptiert würden, könnten die Gerichte den Aktenzugang bei den Beklagten erzwingen.

swissinfo und Agenturen

Die Forschenden hatten bislang Zugang zu den offiziellen Dokumenten in den staatlichen Archiven.

Der Zugang zu Firmenarchiven war für sie während der ganzen Arbeit sehr schwierig.

Programmleiter Georg Kreis will den Zusammenhang zwischen Zugang, Information und Resultaten auch im Schlussbericht transparent machen.

Das Forschungsprogramm läuft noch bis Oktober 2003.

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