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Schweizer Software zähmt den Sturmwind

Im Winter heftigen Stürmen ausgesetzt: Die Franjo Tudjman Brücke. EMPA

Die Tudjman-Brücke in Dubrovnik ist weltweit die erste Brücke mit einem in der Schweiz entwickelten, neuartigen Dämpfersystem. Es verhindert die gefährlichen Brücken-Schwingungen während der Winterstürme.

Die Forscher der Empa in Dübendorf haben das elektronisch geregelte und überwachte Dämpfersystem im Labor entwickelt und getestet.

Schrägseilbrücken sind elegant und filigran. Die Seile haben jedoch den Hang zum Schwingen. Die im Frühjahr 2002 eröffnete Franjo Tudjman-Brücke im kroatischen Dubrovnik ist über 570 Meter lang und hängt mit einem Grossteil ihres Gewichts an lediglich 19 Seilpaaren.

Während der Winterstürme im März 2005 und 2006 waren die Schwingungen so stark, dass an der Brücke Schäden entstanden. Die Stürme erreichten eine Windgeschwindigkeit von 110 Kilometern pro Stunde. Der Nassschnee lagerte sich auf den Seilen ab und vergrösserte deren Querschnitt, was dem Wind noch mehr Kraft verlieh.

Das kroatische Bauministerium hatte die Wahl, die Brücke an gewissen Tagen für den Verkehr zu schliessen oder eine technische Lösung zu finden.

Mehr Magnetstärke, mehr Dämpfkraft

Zusammen mit einer Münchner Brückenbaufirma entwickelte das Schweizer Forschungsinstitut Empa ein neuartiges Dämpfersystem. «Grundsätzlich funktionieren die Dämpfer wie die Stossdämpfer bei einem Auto», erläutert Masoud Motavalli im Gespräch mit swissinfo. Der Bauingenieur ist Leiter der Abteilung Structural Engineering bei der Empa.

Die Brückendämpfer sehen aus wie Autostossdämpfer, sind jedoch viel grösser. «Ein weiterer Unterschied ist, dass sie nicht lediglich mit Öl gefüllt sind, sondern zusätzlich magnetisierbares Pulver im Öl enthalten. Das Gehäuse befindet sich unter einem Magnetfeld. Je nach Stromstärke ändert sich die Magnetstärke und damit die Dämpfkraft.»

Konkret heisst das: Die Seile der Brücke schwingen je nach Windstärke, Wetterlage und Verkehrsdichte weniger oder stärker. «Die Vibrationen einer Brücke ändern sich ständig, deshalb müssen sich die Dämpfer selbständig an die Bedingungen anpassen.»

Software regelt und kontrolliert

Je grösser die Schwingungen desto härter werden die Dämpfer eingestellt. Die Brücke bleibt ruhig. Gesteuert wird die Stromstärke und damit die Härte der Dämpfer von einer von der Empa entwickelten Software. «Damit können wir das System von hier aus überwachen, kontrollieren und wenn nötig anpassen», erklärt Motavalli. «Die Stunde der Wahrheit wird im kommenden Winter kommen, wenn es in Dubrovnik wieder stürmt.»

Motavalli ist zuversichtlich, dass das im Juni 2006 von einem Team der Empa eingebaute und an die tatsächlichen lokalen Bedingungen angepasste System den Test besteht. «Zu Versuchszwecken haben wir eine vergleichbare Installation bereits an der Jsselbrücke im holländischen Kampen eingebaut. Zudem testen wir das System regelmässig in unserem Labor hier in Dübendorf.»

Gemäss den im Labor erstellten Berechnungen werden die Brückenseile in Dubrovnik auch bei extremsten Verhältnissen noch mit einer Amplitude von maximal 15 bis 20 Zentimetern schwingen. Ungedämpft würde die Amplitude mehr als 2 Meter betragen.

Nächste Station: China

Die Franjo Tudjman-Brücke in Dubrovnik ist die erste Brücke der Welt, mit so genannten «magnetorheologischen Fluiddämpfern». In der Empa steht bereits ein weiteres solches System bereit. Es ist für den Einbau in eine Brücke in China vorgesehen.

Mit der Sutong Brücke über den Yangtse wird 2007 die weltweit längste Schrägseilbrücke eröffnet werden. «Zurzeit testen wir die Prototypen für das Dämpfsystem», erklärt Motavalli.

swissinfo, Andreas Keiser

Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) definiert sich seit 1998 als Forschungsinstitution für Materialwissenschaften und Technologie.

Sie ist ein Teil des Bereichs der Eidgenössisch Technischen Hochschulen und arbeitet mit der Industrie und öffentlichen Institutionen zusammen.

Die Empa beschäftigt an drei Standorten (Dübendorf, St. Gallen, Thun) rund 800 Personen.

Für das Jahresbudget von 116 Mio. Fr. kommt zu gut zwei Dritteln die Eidgenossenschaft auf.

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