Sonnenenergie fristet Schattendasein
Wegen mangelnder politischer Unterstützung hat die Schweiz ihren Spitzenplatz bei der Entwicklung von Solarenergie verloren.
Die Solartechnik-Branche versucht am Wochenende mit zahlreichen Veranstaltungen das Interesse der Bevölkerung an der erneuerbaren Energieform wieder zu wecken.
Die Sonnenstrahlen legen 150 Mio. Kilometer zurück, bis sie die Erde erreichen. Sie brauchen 8 Minuten, um diese enorme Distanz zurückzulegen. Doch die Mühe vieler Sonnenstrahlen ist vergebens.
Auf unserem Planten wird nämlich ein Grossteil dieser wertvollen Sonnenenergie kaum genutzt. Nur 0,02% der weltweit erzeugten Energie wird aus Sonnenkraft gewonnen.
Dabei sind die Vorteile der Solarenergie eigentlich bestechend: Sie ist umweltfreundlich, effizient und in ausreichender Menge auf der ganzen Welt vorhanden. Anders gesagt: Solarenergie macht ein Land nicht von anderen Ländern abhängig.
Und es kommt noch ein weiterer, grosser Vorteil hinzu. Während die Ölvorräte in einem halben Jahrhundert verbraucht sein werden, wird die Sonne mindestens noch 5 Mrd. Jahre lang scheinen.
Einstiger Pionier
Die Entwicklung der Solartechnologie war anfänglich in der Schweiz sehr fortschrittlich. Inzwischen ist die Schweiz im internationalen Vergleich aber zurückgefallen.
«Jahrelang hatten wir die Nase vorne. Aber inzwischen haben uns andere europäische Länder sowie die USA und Japan überholt», sagt Urs Wolfer, der beim Bundesamt für Energie für Solarenergie verantwortlich ist.
Bereits 1982 wurde in Canobbio im Kanton Tessin eine kleine Zentrale mit Photovoltaik-Zellen zur Gewinnung von Solarenergie gebaut. Das war damals eine europäische Premiere.
Zu diesem Zeitpunkt hat die Solarenergie einen Boom erfahren. Überall entstanden Solarpaneele. Vor 10 Jahren war die Schweiz im Vergleich zur Einwohnerzahl die weltweit grösste Produzentin von Solarenergie.
Auch die in der Schweiz entwickelte Solartechnologie gehörte weltweit zur Avantgarde. Dies stellten die in Biel gefertigten Solarmobile unter Beweis, die in den 90-er Jahren bei Wettrennen in Australien der Konkurrenz davon fuhren.
Gelder gestrichen
Ein Dämpfer für die Solarenergie war die Abstimmung im Jahr 2000, als die Bevölkerung den Energieartikel knapp verwarf. Dieser hätte die Finanzierung von Technologien mit erneuerbarer Energiequellen gestärkt.
Seither ist das Tempo der Eidgenossenschaft in Sachen Solarenergie deutlich zurückgegangen. Regierung und Parlament haben die Dossiers für Alternativenergien de facto auf Eis gelegt.
«Es gibt jetzt noch den Vorschlag einer CO2-Abgabe oder den Energierappen. Aber ihre Einführung ist sehr unwahrscheinlich», meint Urs Wolfer und folgert: «Für die Schweiz ist jetzt der Zug wohl abgefahren, in Sachen Solarenergie eine Pionierrolle innerhalb Europas einzunehmen.»
Tatsächlich hat das Eidgenössische Parlament im letzten Sparpaket unter anderem beschlossen, das Budget von Energie Schweiz um einen Fünftel zu kürzen. Es handelt sich um das Programm des Bundesrates zur Realisierung der Schweizerischen energie- und klimapolitischen Ziele und zur Einleitung einer nachhaltigen Energieverwendung.
Aufstrebender Markt
«Es handelt sich um eine verlorene Chance: Die Eidgenossenschaft reduziert ihre Subventionen just in dem Moment, in dem die Solarenergie aus der Experimentierphase tritt», bedauert David Stickelberger, Sekretär des Netzwerks Swissolar, in dem diverse Organisationen und Unternehmen der Solarbranche zusammengeschlossen sind.
In der Schweiz überlasse man die Entwicklung jetzt einfach dem freien Markt, sagt Stickelberger. «Doch die Beispiele aus Deutschland und Japan zeigen gerade, dass die Entwicklung weiter fortgeschritten ist, weil diese Länder finanzielle Anreize geschaffen haben.»
Um zu anderen Energieträgern konkurrenzfähig zu werden, müsste die Solarenergie noch mindestens 10 Jahre von staatlicher Hilfe profitieren. Obwohl der Preis für eine Kilowattstunde Solarstrom jedes Jahr rund fünf Prozent fällt, liegt er immer noch drei bis vier Mal über dem Preis von Atomstrom oder aus Wasserkraft gewonnener Elektrizität.
Nichtsdestotrotz ist die Solarenergie ein bedeutender Wachstumsmarkt. Die Bank Sarasin sagt für die kommenden Jahre eine jährliche Wachstumsrate von 13% für Solarstrompaneele voraus. Bei Sonnenkollektoren dürfte das Wachstum sogar 22% erreichen.
Aus diesem Grund beginnen auch grosse Unternehmen bedeutende Summen in die Solarenergie zu investieren. BP, Shell, Siemens, Sharp, Sanyo oder Mitsubishi gehören heute schon zu den grössten Produzenten in der Solartechnologie.
swissinfo, Armando Mombelli
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)
Solarenergie deckt 0,11% des Gesamtenergiebedarfs der Schweiz.
Mehr als 80% der benötigten Energie in der Schweiz stammt aus dem Ausland.
Die bedeutendsten Energieträger sind Erdöl (61 Prozent), Elektrizität (21 Prozent) und Erdgas (11 Prozent.
Am «Tag der Sonne» wird gezeigt, dass die Solar-Energie keine Utopie mehr ist.
Bereits heute verkaufen 130 Elektrizitäts-Gesellschaften in der Schweiz Solarstrom.
Um 70% des Warmwasser-bedarfs einer fünfköpfigen Familie zu decken, reichen Investitionen von 10 bis 15’000 Franken in Sonnenkollektoren.
Photovoltaikzellen zur Gewinnung von Strom für einen Privathaushalt kosten schätzungsweise 30 bis 40’000 Franken.
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