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Tourismus: Grün ist gut, Nachhaltigkeit besser

Magerwiesen, Wälder und Kalkfelsen: Der Chasseral ist ein typisches Juramassiv. swissinfo.ch

Ein Tag oder ein Monat, in der Schweiz oder weit weg: Alle träumen von Ferien. Nur schaden diese häufig Umwelt und Gesellschaft.

Mit der Erschaffung des Regionalparks Chasseral sollen Umweltschutz, Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung und Tourismus unter einen Hut gebracht werden.

Das Gleichgewicht zwischen den Vor- und Nachteilen des Tourismus ist zerbrechlich. Es gibt unzählige Beispiele von verschandelten Landschaften, von Wasserverschwendung und von der Vertreibung der lokalen Bevölkerung, weil diese Touristenzonen Platz machen muss.

Diese Probleme – die vor allem die Entwicklungsländer betreffen – wurden jüngst an der ersten Internationalen Konferenz für nachhaltigen Tourismus in Brasilien erörtert.

Wie sieht ein nachhaltiger Tourismus aus? Christine Plüss vom Verein «Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung» (akte) gegenüber swissinfo: «Ein nachhaltiger Tourismus berücksichtigt besonders die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung.»

Tourismus müsse auch soziale Verantwortung übernehmen, sich in die Umwelt einfügen und zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung beitragen.

Chasseral: Der Berg und der Mensch

Ein solcher Tourismus ist jedoch nicht nur für Entwicklungsländer wünschenswert, sondern auch für die Schweiz.

Dies haben sich die Initiatoren des Regionalparks Chasseral zu Herzen genommen. «Die Idee entstand aus gesundem Menschenverstand heraus», erklärt Koordinator Fabien Vogelsperger gegenüber swissinfo.

«Wir wollen weder einen Nationalpark noch ein Disneyland schaffen, sondern auf der Koexistenz von Natur und Mensch (Tourismus, Land- und Forstwirtschaft) aufbauen», so Vogelsperger.

Tourismus als Herausforderung

Zwischen den Städten Biel, Neuenburg und La Chaux-de-Fonds im Berner Jura erhebt sich das Gebirgsmassiv des Chasseral.

Rund hundert Bauern sind dort vor allem in der Milchwirtschaft tätig. Die bekanntesten Käsesorten aus dieser Region sind der Greyerzer und der Tête de Moine.

Obwohl der Chasseral reich an schönen Details ist, beschränken sich die Touristen oft auf eine Autofahrt zum Hotel Post oben auf dem Jura-Berg.

«Und dies vor allem an schönen Oktobertagen», weiss Vogelsperger zu berichten. Man müsse die Leute mehr sensibilisieren und sie zu einem respektvolleren Umgang mit den Naturschönheiten anhalten.

Es gehe etwa auch nicht darum, mehr Touristen anzulocken, sondern die Reiselustigen besser aufs Territorium zu verteilen. Dazu gehöre ein adäquates Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln und an Wanderwegen, oder die Erschaffung von Themen-Pfaden wie dem Enzian-Pfad.

Alle Aspekte mit einbeziehen

«Es geht zwar um Naturschutz, aber nicht nur», so Vogelspeger. Deshalb seien auch der Tourismus und die Landwirtschaft Teil des Projekts der nachhaltigen Entwicklung.

Die lokalen Bauern bekämen damit die Gelegenheit, zum Beispiel kleine Esslokale einzurichten oder Schlafplätze anzubieten.

Dies würde viele Landwirte zwar finanziell entlasten, ihnen aber auch einen Mentalitätswandel abverlangen.

Grüner Tourismus

Das Konzept des Regionalparks Chasserals scheint den Nerv der Zeit zu treffen und auf eine steigende Nachfrage nach nachhaltigem Tourismus zu stossen.

Dazu Vogelsperger: «Heute gibt es ein nachweisbares Interesse an Agritourismus. Wer vor zehn Jahren erklärte, auf einem Bauernhof auf dem Chasseral übernachten zu wollen, wäre für verrückt gehalten worden.»

Auch Christine Plüss von «akte» bestätigt den Trend hin zum «grünen Tourismus». Allerdings sei ein solcher nur dann wünschenswert, wenn die sozialen Aspekte nicht vergessen würden.

swissinfo, Doris Lucini, Chasseral
(Übertragung aus dem Italienischen: Elvira Wiegers)

Das Projekt «Regionalpark Chasseral» läuft seit Juni 2001
Dauer: 5 Jahre
Kosten: Rund 3 Mio. Fr.

Der Regionalpark Chasseral im Berner Jura ist das erste Projekt dieser Art in der Schweiz.

Ziel des Projektes ist es unter anderem, das Chasseral-Massiv nachhaltig zu fördern, die Bevölkerung für die Anliegen des Umweltschutzes zu sensibilisieren sowie Natur und Landschaft zu erhalten und aufzuwerten.

Der Regionalpark hat die Rechtsform eines Vereins. Mitglieder sind öffentlich-rechtliche Körperschaften, betroffene Vereine, Wirtschafts- und Sozialpartner sowie Einzelpersonen.

Auch beteiligt sind der Bund und die beiden Kantone Jura und Bern sowie 22 Gemeinden im Gebiet des Chasseral-Massivs.

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