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Wie riecht die Schweiz?

"Alpendüfte". Zu riechen im Forum für Schweizer Geschichte. (Foto: Forum Schweizer Geschichte) Un'immagine classica della realtà alpina (Foto: Forum della storia svizzera)

Noch bis zum 26. Oktober lassen sich im Forum der Schweizer Geschichte in Schwyz "Alpendüfte" erschnuppern.

«Immer der Nase nach» – die gleichzeitige Duftausstellung rund um den Urnersee schliesst am 14. September.

Kafi Schnaps, geweihtes Öl oder das Fett einer Seilbahn können auf dem Duftweg der Schweiz genauso gerochen werden, wie Bergheu oder Eichenlaub, das früher gegen Zauberer und Dämone eingesetzt wurde.

Neben dieser Leichtigkeit des Riechens wird bei «Immer der Nase nach» auch der harte Alltag der Bergler gezeigt: Eine traditionelle Alphütte mit dem säuerlichen Geruch der milchwirtschaftlichen Geräte, dem unbeschreiblichen Gestank des alten Geissbockes und dem muffigen Militärkaput (Mantel).

Eher bekannt dürfte uns heute der Duft an der Axenstrasse anmuten: An der legendären Strasse entlang dem See stechen uns «natürlich» Autoabgase in die Nase.

«Alpendüfte oder «Immer der Nase nach» ist eine Ausstellung für die Nase in der Natur», sagt Stefan Aschwanden, Leiter am Forum für Schweizer Geschichte in Schwyz.

Sinnliches Erlebnis

Die Duftwanderung wurde vom Forum der Schweizer Geschichte konzipiert. Der Wanderer, die Wanderin, findet rund um den Urnersee am «Weg der Schweiz» (er wurde 1991 zur 700-Jahr Feier der Eidgenossenschaft geschaffen) 20 Duftstationen, die über Geschichte und Mythen Auskunft geben.

Die Aussenausstellung auf dem «Weg der Schweiz» geht am 14. September zu Ende. Bis zum 26. Oktober aber bleiben die Gerüche in «Alpendüfte» erhalten.

Ein «sinnliches Geschichtserlebnis» sei es, heisst es beim Forum der Schweizer Geschichte.

Die Ausstellung habe, so Museumsleiter Stefan Aschwanden gegenüber dem Tages Anzeiger, ausgesprochen viele Ausländer angelockt. «Die wollen wissen, wie die Schweiz riecht», sagt er.

Gesucht werde das Ursprüngliche, das Unverfälschte, das Natürliche. Aber, so Aschwanden, den Besucherinnen und Besuchern würden auch die Klischees von der würzigen Alpenluft und dem naiven Berglerleben durchbrochen.

Heile Welt lasse sich eben auch künstlich herstellen. Und an der Axenstrasse schmecke es nicht nach Bergheu.

So bestimmt denn die Nase die Marschrichtung. Die 20 Duftstationen rund um den Urnersee auf dem Weg der Schweiz können entweder zu Fuss oder in Teilrouten auf dem Wasser per Schiff angesteuert werden.

Im Jahr 2005 nach Japan?

Fasziniert hat die Ausstellung auch die Zürcher Japanologin Regula König. Sie arbeitet zur Zeit an einem Projekt für die Weltausstellung 2005 im japanischen Aichi. Dort lautet das Motto: «Die Weisheit der Natur».

Möglich also, dass die Schweizer Alltagsdüfte dann in Japan ihren duftenden Charme verbreiten. Die Chancen stehen gut, hat die Schweizer Regierung doch schon 15 Mio. Franken für das Projekt gesprochen.

Schon in Neuenburg

Geruchsausstellungen sind nicht neu in der Schweiz. Bereits Anfang 2000 bot das Naturhistorische Museum Neuenburg mit «Né pour sentir» einen Rundgang durch die Welt der Düfte.

Schon damals setzten die Macher der Ausstellung auf das individuelle Erfahren der Gerüche. 14 Riechstationen in abgedunkelten Räumlichkeiten lockten die Besucher.

Allerdings wagten sich die Neuenburger noch nicht an «üble» Gerüche, sondern die Wohlgerüche dominierten die Ausstellung.

Die Besucher durften beispielsweise die neun Hauptzutaten für die Parfumherstellung erschnuppern: Myrrhe, Iriswurzel, Baummoos, Benzoeharz, Sternanis, Tolubalsam, Tonkabaum, Patschuli und Kastoreum.

Und, die Ausstellung fand nahe der Neuenburger Weinberge statt, es wurden auch die sechzehn wichtigsten Duftnoten von Wein zum riechen frei gegeben.

Geruchsrezeptoren

Wie aber können wir sagen: «oh welch Wohlgeruch» oder «das stinkt jetzt aber gewaltig?»

Damit es für uns duftet oder stinkt, müssen die Rezeptoren in der Nasenschleimhaut die Duft- oder Stinknoten empfangen. Sitzt ein Molekül auf dem passenden Rezeptor, meldet dieser das über einen Nervenfortsatz dem Riechkolben, der die erste Schaltzentrale für die Geruchsverarbeitung im Gehirn darstellt.

Mittlerweile sind ungefähr 1000 verschiedene Geruchsrezeptoren bekannt, die von 1000 Genen codiert werden. Schätzungsweise etwa zwei Prozent aller unserer Gene sind allein für das Riechen zuständig.

Daran sollte denken, wer rund um den Urnersee wandert und an den Duftquellen riecht.

Und noch etwas: Die Empfindungen, die mit Gerüchen verknüpft sind, die sind individuell. In der Amygdale (für die Gefühlsverarbeitung zuständige Gehirnrinde) jeder Person sind jeweils andere Erinnerungen gespeichert – je nachdem, ob der erste Kuss im Blumenladen oder im Schweinestall ausgetauscht wurde.

swissinfo, Urs Maurer

Das Forum der Schweizer Geschichte in Schwyz gehört in die Gruppe der Musée Suisse. Ein Zusammenschluss von acht Museen mit nationaler Bedeutung, darunter auch das Landesmuseum in Zürich.

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